Wenn Knorpelfragmente das Pferd lahmlegen

Chips & OCD

„Das Pferd hat einen Chip!“ – schon so mancher Pferdekauf ist bei der Ankaufsuntersuchung durch diese Diagnose geplatzt. Tatsächlich hat sich in Studien gezeigt, dass je nach Kohorte zwischen 40 und 70 Prozent der untersuchten Pferde einen Chip, also ein kleinstes Knochen- bzw. Knorpelfragment bzw. die zugrundeliegende Erkrankung Osteochondrosis dissecans (OCD) haben. Gerät dieses Fragment zwischen die Gelenkflächen, kann dies mittel- bis langfristig zu degenerativen Gelenkerkrankungen mit Entzündung und Schmerz führen. PFERDE fit & vital hat nachgefragt bei Dr. med. vet. David Lichtenberg von der Pferdeklinik Hochmoor.

Bei einem Chip handelt es sich um ein Knorpel-/Knochenfragment. In der Regel ist dies das Resultat von OCD, einer entwicklungsbedingten Störung in der Knorpelbildung des Fohlens bzw. Jungpferdes. „OCD entsteht im Alter zwischen zwei Monaten und drei bis fünf Jahren“, erklärt Dr. Lichtenberg. „Beim Wachsen bildet sich der knorpelig angelegte Knochen des Fohlens an den Enden in Knochen um. Ist diese Verknöcherung gestört, weil der Knorpel nicht ausreichend ernährt wird, können sich Läsionen bilden. Knorpelzellen in der Tiefe sterben ab und es kann zu kleinen Rissen kommen. Dehnen sich diese weiter aus, entstehen Fragmente, die entweder in einem sogenannten „Chip-Bett“ haften oder sich ganz ablösen und im ungünstigsten Fall frei im Gelenk „herumschwimmen“.“
Doch wie kommt es zu diesem Problem? Eine Osteochondrosis dissecans ist die Folge einer Mangeldurchblutung. Diese führt an den betroffenen Stellen zum Zelltod und einer Degeneration der Knochenstruktur, welche unter dem darauf liegenden Gelenkknorpel nachgibt.
Zudem zeigen Studien, dass OCD sehr wohl auch eine genetische Komponente hat. „OCD ist eine Erkrankung, die praktisch ausschließlich bei domestizierten Pferden zu finden ist. Bei Wildpferden sind Chips so gut wie nicht vorhanden und auch bei Ponys sind sie eher selten“, so Dr. Lichtenberg. „Unsere Sportpferdezucht selektiert auf immer rittigere, leistungsfähige Pferde mit enormen Gängen und Sprungvermögen. Ob eine OCD vorhanden ist, spielt dagegen in der Zuchtselektion eine viel zu kleine Rolle.“
Tatsächlich sind Fütterung und Haltung offenbar weitere wichtige Faktoren. Zu schnelles Wachstum kann für OCD prädisponieren. Eine Studie von Dr. Pauline Peugnet vom Landwirtschaftlichen Forschungsinstitut (INRA) in Jouy-en-Josas, Frankreich, zeigte dies eindrucksvoll: Embryos von Ponys, die von Kaltblutstuten ausgetragen wurden, wuchsen schneller im Mutterleib und waren bei der Geburt viel größer als die, die von Ponystuten ausgetragen wurden. Gleichzeitig wiesen sie später eine weitaus größere Zahl von OCD-Läsionen auf. Wie Dr. Peugnet mitteilte, war das Risiko der von den Kaltblutstuten ausgetragenen Fohlen sehr viel höher, innerhalb der ersten sechs Monate OCD zu entwickeln, was sie darauf zurückführte, dass die Kaltblutstuten mehr Milch für ihr Fohlen hatten. Dr. Lichtenberg warnt daher, Fohlen und heranwachsende Pferde zu gehaltvoll zu füttern….

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Text: Text: Ramona Billing, fachliche Beratung: Dr. David Lichtenberg, Foto: Angelika Schmelzer