Dickes Pferd, fettes Problem?

Muss mein Pferd abnehmen?

Wann ist der Fütterungszustand meines Pferdes ideal und wann trägt es allzu viel Hüftgold mit sich herum? Diese Frage beschäftigt und verunsichert viele Pferdehalter. Was uns selbst angeht, haben wir inzwischen oft eine etwas vernünftigere Einstellung zu vermeintlichen Idealmaßen entwickelt und uns von der Vorstellung verabschiedet, es gäbe nur „fit“ oder „fett“. Auch aus medizinischer Sicht scheint der Toleranzbereich größer zu sein als lange Zeit angenommen. Trotzdem ist es sinnvoll, den Fütterungszustand des eigenen Pferdes kritisch zu beobachten und einzugreifen, wenn der Vierbeiner erkennbar aus dem Leim geht.

Dafür gibt es gute Gründe, aus medizinischer Sicht ebenso wie aus der Perspektive des Trainers, Reiters und Pferdefreundes.

Ganzheitliche Sicht
Wann ist mein Pferd in einem idealen Fütterungszustand und wann sollte es abspecken? Wie schaut der anzustrebende BMI für Pferde aus? Absolute Zahlen und Daten wie etwa das Gewicht oder eine Korrelation von Masse und Größe/Stockmaß lassen sich zwar ermitteln, sagen aber für sich genommen wenig aus. Es gilt, beim Blick auf den Fütterungszustand ganzheitlich vorzugehen und zum absoluten Gewicht auch Aspekte wie
• Bemuskelung,
• Alter,
• Rasse,
• Vorerkrankungen oder die
• Jahreszeit
mit zu berücksichtigen.

So dürfen beispielsweise Senioren im Herbst gerne ein bisschen rundlich aussehen – es geht auf den Winter zu und da ist es gut, wenn sie eine leichte Fettauflage vor der Kälte und damit vor Erkrankungen und witterungsbedingtem Gewichtsverlust schützt. Etwaige Pölsterchen können von einem ansonsten gut bemuskelten und im Training stehenden Pferd leichter verkraftet werden als von einem im Wachstum befindlichen oder untrainierten, schlecht bemuskelten Artgenossen. Pferden mit Gliedmaßenerkrankungen tut überflüssiges Gewicht natürlich überhaupt nicht gut. Zudem sind Rassezugehörigkeit oder Typ zu berücksichtigen. Bei gleichem Stockmaß und Gewicht wäre etwa der jeweilige Fütterungszustand eines Achal Tekkiners und eines Belgischen Kaltbluts völlig unterschiedlich zu beurteilen. Das Gewicht alleine taugt, auch in Relation zum Stockmaß gesetzt, also nicht zur Bewertung des Fütterungszustands.

Nicht raten, sondern messen
Wieviel wiegt mein Pferd? Diese Frage stellt sich dem Pferdefreund trotzdem, und zwar nicht alleine im Zusammenhang mit Gewichtsproblemen (Über- oder Untergewicht), sondern auch bezüglich
• der Überlegung, ob sich das Verhältnis von Reitergewicht (Messung samt Bekleidung und Ausrüstung!) zu Pferdegewicht in einem vertretbaren Rahmen bewegt,
• Anlässen, bei denen das möglichst genau erfasste Gewicht Grundlage des Erfolgs ist (etwa dann, wenn Medikamente dosiert oder eine Futterration berechnet werden soll),
• bei notwendigen Gewichtskorrekturen nach oben oder unten, weil die Effektivität der Maßnahmen sich so am besten überprüfen lässt und
• natürlich liefert die Gewichtsbestimmung die wichtigste Grundlage für eine Rationsberechnung, ergänzt durch die Einordnung der erbrachten Leistung hinsichtlich Art und Höhe.

Wichtig: Wir unterscheiden zwischen der Erhebung der Größe (dem Gewicht), deren Beurteilung (dem Fütterungszustand) und der Verlaufskontrolle (kontinuierliche Messungen während eines Prozesses, etwa beim Abspecken).
Welche Möglichkeiten stehen dem Pferdefreund zunächst zur Gewichtsermittlung offen? Am genauesten ist das Wiegen eines Pferdes. Mobile Pferdewaagen kommen auf den Hof und wiegen ohne Stress, ohne großen Aufwand und zu einem fairen Preis alle Pferde interessierter Besitzer. Zusatzangebote wie die Ermittlung des BCS (Bewertung des Unterhautfettes, siehe unten), ein Wiegepass oder eine Ernährungsberatung kosten extra, runden aber den Service oft sinnvoll ab. Mit mehr Aufwand verbunden ist das Wiegen auf einer fest installierten Waage, wie sie etwa bei vielen Futtermittelhändlern zur Verfügung steht. Einmal das Pferd auf den Hänger laden und samt Zugfahrzeug auf die Waage fahren, wiegen, dann das Pferd ausladen und das Gespann erneut wiegen – aus der Differenz ergibt sich das Gewicht des Pferdes. Recht genau, aber etwas umständlich sind Rechenformeln zur Gewichtsermittlung. Am bekanntesten ist eine Formel, die ursprünglich für Warmblutpferde aufgestellt wurde:

Körperlänge in cm x Brustumfang in cm2 geteilt durch 11.900

Hieraus ergibt sich das Körpergewicht in Kilogramm. Für Islandpferde kann eine 2005 von Dr. Andrea Ellis ermittelte Formel genutzt werden, für die lediglich der Brustumfang (auf Höhe des Widerristes mit einem lotrecht angelegten Maßband, in cm) gemessen werden muss: 4 x (BU – 160) + 340 ergibt das Gewicht in Kilogramm. Weitere Formeln sind …

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Text und Foto: Angelika Schmelzer