Sinnvolle Heu-Alternativen
Wenn gutes Heu rar wird…
Ohne Heu geht es nicht! Es bildet als Raufutter die Grundlage der Pferdefütterung, ist gut verdaulich, reich an Rohfasern und Nährstoffen und fördert durch seine Struktur die Speichelbildung. Pferde können durchaus von Heu allein ernährt werden, sofern entsprechendes Mineralfutter dazu gegeben wird. Die Voraussetzung ist allerdings einwandfreie Qualität in ausreichender Menge. 1,5 bis 2 Kilogramm Raufutter pro 100 Kilogramm Gewicht des Pferdes sind das Minimum pro Tag. Futterpausen von mehr als vier Stunden sind unbedingt zu vermeiden, auch nachts. Doch gutes Heu zu bekommen ist oft nicht ganz einfach.
Kraftfutter kann es nicht ersetzen, will man nicht erhebliche Stoffwechselstörungen oder Koliken riskieren. PFERDE fit & vital hat sich nach Alternativen umgesehen.
Stroh
Strohhäcksel waren früher in der Pferdehaltung häufig Teil der Kraftfutterration, um ein schnelles Herunterschlingen zu vermeiden. Und auch heute kann hochwertiges Stroh durchaus einen Teil der Raufutterration ausmachen. Allerdings muss es von absolut einwandfreier Qualität sein, also staubarm und frei von Schimmel, Erdanteilen etc. Vom Nährwertgehalt ist Stroh dem Heu deutlich unterlegen. Gutes Stroh liefert im Mittel über alle Stroharten mit 5,2 MJ DE nur 66 Prozent des Gehaltes von Wiesenheu mit 7,3 MJ DE. Der Rohproteingehalt beträgt sogar nur ein Sechstel dessen von Heu, so dass gegebenenfalls durch entsprechendes Kraftfutter ergänzt werden muss (https://www.landwirtschaftskammer.de/landwirtschaft/tierproduktion/pferdehaltung/fuetterung/strohrationen.htm). Letzteres ist insbesondere bei jungen bzw. im Training stehenden Pferden ein wichtiger Gesichtspunkt. Ein idealer Ausgleich kann hier über die Zufütterung von Luzernecobs erfolgen. Generell sollte Stroh nicht mehr als 30 Prozent der Raufutter-ration ausmachen. Um Verstopfungen zu vermeiden, sollte stets ausreichend Wasser zur Verfügung stehen.
Heucobs
Immer häufiger werden sogenannte Heucobs in der Pferdefütterung eingesetzt. Das sind Presslinge aus schonend getrocknetem, zerkleinertem Gras, das zum optimalen Zeitpunkt gemäht wurde. Qualitativ hochwertige Heucobs sind eine gute Möglichkeit zur Ergänzung der Raufutterversorgung, wenn Heu nicht in ausreichender Menge zur Verfügung steht oder die Heufütterung nur eingeschränkt oder gar nicht möglich ist (zum Beispiel bei alten Pferden mit Zahnproblemen). Sie sind aufgrund des Trocknungsverfahrens praktisch frei von Staub und Schimmel, was Allergikern entgegenkommt. Grundsätzlich gilt: Je größer die Cobs im Durchmesser sind, desto mehr Raufutterstruktur ist erhalten. Heucobs sollten immer in Wasser eingeweicht werden, auch dann, wenn laut Herstellerangabe trockenes Verfüttern möglich ist. Die Gefahr einer Schlundverstopfung ist zu groß. Beim Kauf der Cobs sollte man das Herstellerlabel genau lesen – es gibt Sorten, die nur Heu enthalten oder auch solche mit Vitamin- und Mineralstoffzusätzen. Entsprechend muss die übrige Futterration ausbalanciert werden. Grundsätzlich ist zu sagen, dass Heucobs eine hervorragende, wenn auch nicht ganz billige Alternative sind, um fehlendes Heu aufzustocken. Aufgrund ihres geringeren Rohfasergehaltes können sie Heu jedoch nicht komplett ersetzen.
Luzerne
Luzerne ist eine hervorragende Ergänzung, sollte aber nicht 1:1 das Heu ersetzen. Luzerne hat einen hohen Ballaststoffanteil (Rohfaser, Faserstoffe) und regt damit Kautätigkeit, Speichelfluss und Darmperistaltik an. Ihr hoher Eiweißgehalt (über 18 Prozent mehr als Heu) prädestiniert sie aber für den Einsatz bei Pferden mit überdurchschnittlichem Proteinbedarf – Zuchtpferde, Hochleistungssportler, Patienten nach größeren Eingriffen. Hier deckt Luzerne als Raufutterkomponente den hohen Proteinbedarf mit ab, ohne dass es zu einem Überangebot an Kohlenhydraten und nachfolgenden Stoffwechselproblemen kommt. Aber auch bei Pferden, die an Gewicht zunehmen sollen, hat sich Luzerne bewährt. Nicht verfüttert werden sollte sie hingegen an Pferde, die unter Hufrehe, Cushing, PSSM sowie am Equinen Metabolischen Syndrom leiden. Auch bei Nierenfunktionsstörungen ist von Luzerne abzuraten.
Luzerneheu ist sehr blattreich und schmackhaft und wird in aller Regel sehr gerne gefressen. Vorsichtig sollte man bei der Verfütterung größerer Mengen hartstängliger Luzernehäcksel sein. Wie eine Studie der Universität Leipzig zeigte, kann ihre grobe Struktur zu Irritationen im Pferdemagen führen.
Praktischer ist der Einsatz von Luzernecobs bzw. -pellets, die mittlerweile von verschiedenen Herstellern angeboten werden. Hier sollte man allerdings sehr genau hinschauen, denn die Palette ist groß: Luzerne allein oder kombiniert mit Wiesenheut oder Maisstroh, mit Melasse oder ohne, und, und, und… Grundsätzlich gilt: Je näher die Presslinge am Original sind, desto strukturreicher sind sie auch, was sich positiv auf die Anzahl der Kauschläge und die Intensität des Einspeichelns auswirkt. Die meisten Luzernepresslinge sollten vor dem Verfüttern eingeweicht werden. Bitte hier auf die Herstellerangabe achten. Zudem sollte bei Luzernefütterung in jeglicher Form die Kraftfutterration entsprechend angepasst werden.
Heulage
Silage kennen die meisten aus der Rinderhaltung. Dabei handelt es sich um Gras, das vor der Blüte geschnitten wird und unter anaeroben Bedingungen in Folie „reift“. Es wird also nicht durch Wasserentzug haltbar gemacht wie Heu, sondern durch einen Gärprozess. Speziell für die Bedürfnisse der Pferdeverdauung wird die sogenannte Heulage hergestellt, Auch hier erfolgt ein Gärungsprozess, allerdings wird das Gras später geerntet und länger vorgetrocknet. Zum Vergleich: Bei Silage liegt der Trockensubstanzgehalt bei der Pressung bei etwa 35 bis 45 Prozent, bei Heulage bei 50 bis 60 Prozent. Heulage ist bei entsprechend hoher Qualität dem Heu ebenbürtig, zudem durch ihren Feuchtigkeitsgehalt sehr gut bei Atemwegserkrankungen geeignet und kann sogar etwas nährstoffreicher als Heu sein. Allerdings besteht bei schlechter Verdichtung das Risiko des mikrobiellen Verderbs: Aufgrund des Feuchtigkeitsgehaltes bilden sich bei Silage unter Luftzufuhr sehr schnell Schimmelpilze, Hefen und Bakterien. Diese Gefahr ist bei Heulage zwar geringer, aber bei längerer Lagerung an der Luft nicht ausgeschlossen.
Grundsätzlich ist qualitativ hochwertige Heulage also eine gute Alternative, allerdings muss jeder Ballen für sich betrachtet werden. Bei Schimmelbildung und unangenehmem Geruch darf Heulage nicht verfüttert werden. Ballen sollten innerhalb weniger Tage aufgebraucht werden. Zudem sollte man sein Pferd auf etwaige Anzeichen von Verdauungsstörungen beobachten, denn nicht jedes Pferd verträgt Heulage. Sollten Durchfall, Blähungen oder Kotwasser auftreten, sollte man besser auf Heulage verzichten. Wichtig ist außerdem, dass die Zufütterung von Heulage nur ganz allmählich gesteigert werden sollte. Zudem muss die Menge an Heulage aufgrund des Feuchtigkeitsgehaltes im Vergleich zu Heu um 20 bis 50 Prozent nach oben korrigiert werden.
Text: Ramona Billing