Kreuzverschlag

Ein Ungleichgewicht der Muskelzellen

„Kreuzverschlag“ oder „Feiertagskrankheit“ lautet der Name für eine Muskelerkrankung (Myopathie), die nach Belastung auftritt. Ein Kreuzverschlag im klassischen Sinn tritt in der Regel dann auf, wenn die Pferde einen oder mehrere Ruhetage bei guter Fütterung hatten und dann wieder belastet werden – daher auch der Begriff Feiertagskrankheit. Vor allem gut trainierte Pferde sind betroffen.

Es werden drei Formen des Kreuzverschlags unterschieden.

• Milde Form (Tying-up)
Symptome treten innerhalb von fünf bis zehn Minuten nach Belastung auf: Unruhe, steifer Gang mit hochgekrümmtem Rücken, milde Koliksymptome, gelber Harn

• Moderate Form
Symptome während der Arbeit nach ca. 20 bis 30 Minuten: Bewegungsunlust, Stehenbleiben, leichtes Schwitzen, Kruppenmuskulatur verspannt sich und ist schmerzhaft, gelber Harn; Besserung der Symptomatik nach 3 bis 4 Stunden

• Schwere Form
(paralytische Myoglobinurie)
Rund 30 Minuten nach Belastungsbeginn (auch bei leichter Arbeit) plötzliches Stehenbleiben, kolikartige Schmerzen, schwere Schweißausbrüche, Kruppenmuskulatur brettsteif und sehr schmerzhaft, ängstlicher Ausdruck des Pferdes, Urin kaffeebraun bis weinrot durch die massenhafte Freisetzung des Blutfarbstoffes Myoglobin

Wie kommt es zu einem Kreuzverschlag?

Bei der Erkrankung handelt es sich um eine Stoffwechselstörung. Durch im Verhältnis zur Bewegung zu viel kohlenhydratreiches Kraftfutter wird in der Muskulatur mehr Glykogen gespeichert als verbraucht wird. Wenn das Pferd nach dem Ruhetag wieder geritten wird, kann das Glykogen nicht rasch genug verstoffwechselt werden. Es entstehen Abbauprodukte wie Laktat, was zu einer Übersäuerung der Muskulatur führt. Es kommt zu einer Entzündung der Muskulatur und zum Absterben von Muskelzellen. Myoglobin wird freigesetzt und über die Nieren ausgeschieden. Der typisch verfärbte Urin entsteht.
Beim Kreuzverschlag liegt folglich keine Grunderkrankung wie bei anderen belastungsabhängigen Myopathien (z. B. MIM) vor, sondern ein Ungleichgewicht in den Muskelzellen.

Kreuzverschlag vermeiden: Bewegung tut not!
Pferde brauchen Regenerationsphasen, doch das bedeutet nicht, dass sie dazu im Stall stehen bleiben. Auch wenn nicht geritten wird, sollten sie möglichst viel Auslauf auf großen Paddocks und Weiden haben. Ansonsten können Sie an Ruhetagen einfach einen Schrittausritt ins Gelände machen. Stehtage sollten in jedem Fall vermieden werden. Geht das nicht, zum Beispiel bei Verletzungen, sollte die Kraftfutterration stark gekürzt werden. Heu sollte natürlich trotzdem in ausreichender Menge am besten rund um die Uhr zur Verfügung stehen. Zudem sollte man darauf achten, sein Pferd gründlich aufzuwärmen, bevor die eigentliche Arbeitsphase beginnt. Diese Faktoren sollten umso mehr beachtet werden bei einem Pferd, das schon einmal an Kreuzverschlag erkrankt war.

Behandlung
• Pferd nicht mehr bewegen! Bewegung verschlimmert die Schäden in der Muskulatur.
• Treten die Symptome bei einem Ausritt auf, sollte man das Pferd im Transporter zum Stall zurückbringen. Längere Transporte sollten
ansonsten vermieden werden.
• Den Tierarzt rufen und einen Notfall anmelden. Er wird dem Patienten schmerzlindernde und entzündungshemmende Mittel geben und
Flüssigkeit in Form einer Dauerinfusion über mehr als 24 Stunden verabreichen, bis der Harn wieder klar ist. Gegebenenfalls kommen auch krampflösende Medikamente sowie Beruhigungsmittel zu Einsatz.
• Die betroffene Muskulatur sollte warmgehalten werden, also Decken auflegen. Ein altbewährtes Mittel sind warme Kartoffelumschläge.

Die Prognose hängt vom Schweregrad der Erkrankung ab. Eine leichte Form von Kreuzverschlag heilt in der Regel unter strikter Ruhe und Fütterung gemäß Tierarzt ab, was aber durchaus länger dauern kann. In schweren Fällen kann die Niere in Mitleidenschaft gezogen sein. In jedem Fall muss ein Festliegen des Pferdes vermieden werden.
Das Training kann erst wieder aufgenommen werden, wenn die Blutprobe normale Muskelwerte ergibt. In jedem Fall darf die Belastung dann aber nur ganz langsam gesteigert werden.

Text: Ramona Billing