Rücken & Hufe

Was haben Sie miteinander zu tun?

Wie Sie vielleicht schon einmal gehört haben, ist der Huf nicht nur das Organ, auf dem das Pferd läuft, sich abstößt und wieder landet, sondern er kann uns außerdem mit einer Menge an Informationen über den Rest des Pferdekörpers versorgen, wenn wir genau hinschauen.
Diese Zusammenhänge hat Burkhard Rau in seinem Buch „Hufe gesund bewegen“ ausführlich beschrieben. Für PFERDE fit & vital gibt der Huf-Experte hier einen kurzen Überblick darüber, wieso die Hufe uns auch etwas über den Zustand des Pferderückens verraten.

Bei jungen, artgerecht gehaltenen und vernünftig sozialisierten Pferden können wir stundenlang zuschauen, wie sie mit Freude und Ausdruck rennen und spielen und dabei alle Nuancen der in der Dressur gewünschten Bewegungen zeigen. Das gilt über alle Rassen vom Shetty bis zum Araber, auch wenn die Passage beim Shetty-Jährling sicher drollig aussieht und die Kehrtwendung, sprich halbe Pirouette im Galopp, beim Fjordi nicht so königlich-erhaben ausfällt wie beim Lusitano. Trotzdem ist die Lust, sich zu bewegen und der Spaß daran, neue Bewegungen auszuprobieren, bei allen gleich und wirkt geradezu ansteckend.

Freude an der Bewegung erhalten

Die Grundidee der Reiterei besteht darin, aus einem wunderschönen jungen Pferd ein wunderschönes junges Reitpferd zu machen. Damit dies eine Chance auf Erfolg haben kann, müssen zwei Voraussetzungen erfüllt sein: Lust und Spaß müssen für das Pferd immer und zu jeder Zeit erhalten bleiben – und es muss die körperlichen Voraussetzungen dafür haben, sich selbst mit dem Zusatzgewicht stabil in der Muskulatur zu halten und mit dem jetzt deutlich erhöhten Schwerpunkt auszubalancieren. Im Klartext bedeutet dies viele Wochen und Monate Arbeit vom Boden, an der Hand, um die Muskulatur so vorzubereiten, dass ein Reiter überhaupt auf dem Rücken Platz nehmen kann. Und damit meine ich nicht stupides und kontraproduktives „Zentrifugieren“ an der Longe, womöglich noch mit Hilfszügeln in die vermeintliche Idealform gebracht, sondern durchdachte und abwechslungsreiche Arbeit, die Köpfchen und Puste verlangt.

„Wenn es oben klemmt, zeigt es sich unten“

Der Huf und die Entwicklung der Hornkapsel sind ein Spiegelbild für die Qualität und die Quantität der Bewegung des Pferdes. Oder, platt gesagt: Klemmt es oben, zeigt es sich nach nur wenigen Wochen auch unten am Huf in diversen Formveränderungen, Windrissen, Ausbrüchen. Kein Reiter muss ein Hufexperte sein, um solche Veränderungen der Hornkapsel zu beobachten. Hierbei ist auch die Beobachtung gemeint, ob die Hornkapsel sich durch die Bewegung einseitig unsymmetrisch oder ähnlich auffällig verändert. Werden Hufwände plötzlich konvex oder konkav? Oder ist das Pferd barhuf in den letzten Wochen und Monaten unverändert und gut geblieben und plötzlich brechen die Hufe aus? Auf dem Hufeisen stand bislang immer die Größenangabe zwei und plötzlich lautet die Angabe eins? Das neue Hufeisen bekommt unvermittelt eine vollkommen andere Form als das alte Hufeisen? Noch nie hatten Sie Strahlfäule und plötzlich müssen Sie sich mit diesem Problem auseinandersetzen?
Ich habe immer wieder beobachtet, dass solche Veränderungen der Hufsituation isoliert betrachtet wurden und deren Bearbeitung und Bekämpfung alleine mit Maßnahmen am Huf zu bewerkstelligen versucht wurde.

Der Huf ist aber der Spiegel dessen, was darüber passiert!

Der Umkehrschluss gilt aber natürlich genauso: Falsche oder zu seltene Hufbearbeitung kann einen Prozess in Gang setzen oder etablieren, der sich dann wiederum in veränderten Bewegungsmustern zeigt. Das Ganze ist quasi ein Regelkreis. Der Fall, dass die Veränderung an den Hufen ursächlich ist für die Veränderung der Bewegung, ist meiner Erfahrung nach aber deutlich seltener als man gemeinhin annimmt – öfter ist das Umgekehrte der Fall.
Nicht jede Veränderung am Huf ist Anzeichen einer Erkrankung, aber jede Veränderung am Huf ist ein sicherer Hinweis auf eine sich verändernde Bewegung. Dies kann positiv, aber auch negativ sein.

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Text und Foto: Burkhard Rau