Luzerne

Ein dickes + in der Pferdefütterung

Die Luzerne – auch Alfalfa oder Ewiger Klee – ist vermehrt in die Aufmerksamkeit des Pferdefreundes gerückt: als möglicher Heuersatz in Zeiten zunehmender Raufutterverknappung, als „Superfood“ speziell für Pferde mit hohen Ansprüchen, als willkommene Ergänzung zur Getreideration. Anderswo bereits seit langem beliebt, fristete sie hierzulande weitgehend ein Nischendasein und landet erst jetzt immer häufiger in den Krippen und Raufen unserer Pferde. Grund genug, sich diese traditionelle Futterpflanze einmal genauer anzusehen!

Luzerne (Medicago sativa bzw. Medicago x varia) wurde bereits von den alten Griechen und Römern zur Fütterung genutzt und ist heute etwa in Nordamerika ein weit verbreitetes Pferdefutter. Jetzt erobert sie auch hierzulande den Markt und ist in Produkten der Futtermittelindustrie zunehmend präsent: Sie wird gehäckselt als Strukturbeilage in Müsli eingemischt, getrocknet als Luzerneheu verkauft, wie Wiesenheu zerkleinert und in Form unterschiedlich großer und strukturierter Presslinge vermarktet. Das Luzerneheu direkt aus der Region, vom Bauern nebenan ist dagegen (noch) selten.

Was ist „Luzerne“?

Die Luzerne ist eine zur Familie der Leguminosen gehörende Nutzpflanze aus der Gattung Schneckenklee. Zu den Leguminosen gehören viele Nahrungsmittel, die wir unter dem Begriff „Hülsenfrüchte“ zusammenfassen – Erbsen, Bohnen, Kichererbsen, Linsen, Sojabohnen oder Erdnüsse. Auch zahlreiche Futtermittel, vor allem für Wiederkäuer, finden sich darunter. Leguminosen sind auch aus einem anderen Grund wichtig für die Landwirtschaft: Sie sind aufgrund einer Symbiose mit stickstoffbindenden Bakterien in der Lage, Luftstickstoff in ihren Wurzelknöllchen anzusammeln und werden deshalb zur Gründüngung eingesetzt – pflügt man die zuvor angebaute Pflanze unter, erhält der Boden auf diese Weise den so wichtigen Stickstoff, der Luft entnommen und nicht in Form einer konventionellen Düngung eingebracht.
Anders als Wiesenheu (Dauergrünland) wird die Luzerne im Ackerbau kultiviert, also ausgesät und dann – oft über mehrere Jahre hinweg – mehrmals pro Saison durch Schnitt gewonnen, bevor sie einer anderen Feldfrucht Platz macht. Nach dem Schnitt kann sie vor Ort (Feldtrocknung) von der Sonne getrocknet oder eingebracht und dann mittels Heißluftgebläse innerhalb sehr kurzer Zeit auf die für die Lagerung bzw. Weiterverarbeitung passenden Wassergehalte gebracht werden.
In der Pferdefütterung hat die Luzerne eine lange Tradition und diese wird heute wiederbelebt. Grund dafür ist oft die besondere Zusammensetzung dieser Futterpflanze, aber auch die Tatsache, dass sich viele Pferdehalter infolge der immer häufiger auftretenden regionalen Heuverknappung nach Alternativen umsehen (müssen), die weiträumig verfügbar sind. Eine solche Alternative ist die Luzerne.

Einsatz mit Augenmaß – wie immer

Wie bei jedem anderen Futtermittel auch ist beim Einsatz der Luzerne eine individuelle Abstimmung mit dem realen Bedarf des Pferdes notwendig. Dabei spielt die Luzerne tatsächlich eine Sonderrolle, denn sie verweigert die ansonsten meist einfache Zuordnung in eine der übergeordneten Kategorien „Raufutter“ oder „Kraftfutter“. Obwohl sie auf den ersten Blick einem Wiesenheu(-produkt) vergleichbar erscheint und viele ihrer engen Verwandten wie etwa die zahlreichen Kleesorten sich auch im Weideaufwuchs oder im Heu finden, ähnelt sie hinsichtlich mancher Eigenschaften eher einem Kraftfutter. Ihre heuähnliche Struktur mag also manchen Pferdebesitzer dazu verleiten, Luzerne als Raufutter einzusetzen und damit 1 : 1 einen anderen Ballaststofflieferanten wie etwa Wiesenheu zu ersetzen.
Ein genauerer Blick auf die Eigenschaften von Luzerne vor allem im Vergleich zu „normalen“ Raufuttermittel verrät aber, dass für den Einsatz von Luzerne andere Gesetzmäßigkeiten gelten und dieses Futtermittel besonderes Augenmaß verlangt.

Und was ist drin?

Die Luzerne steht also irgendwo zwischen Raufutter und Kraftfutter – wie macht sie das? Mit Raufuttermitteln wie Heu und Stroh teilt sie die Eigenschaft eines hohen Ballaststoffanteils (Rohfaser, Faserstoffe) und regt wie diese Kautätigkeit, Speichelfluss und Darmperistaltik an. Ihr ungewöhnlich hoher Eiweißgehalt wiederum rückt sie in die Nähe der Kraftfuttermittel, wobei sie aber, anders als die meisten typischen Kraftfuttermittel, über einen nur relativ geringen Gehalt der Kohlenhydrate Zucker und Stärke und damit, da auch der Fettgehalt dies nicht auffangen kann, über vergleichsweise wenig Energie verfügt. Typisch für die Luzerne ist zudem ein sehr hoher Calciumgehalt.
Wer die Ration seines Vierbeiners um einen Anteil Luzerne aufwerten will, sucht nicht zuletzt aufgrund dieser Besonderheiten in einem ersten Schritt nach verlässlichen Informationen zur Zusammensetzung – und hat es dabei nicht leicht: Zwar finden sich zahlreiche Angaben, aber mal beziehen sich die Werte auf die „ursprüngliche Substanz“, mal auf die Trockenmasse (TM), mal sind sie als Gramm pro Kilogramm, mal als Prozentwert angegeben. Dazu kommen etwas sperrige Begriffe wie „präcaecal verdauliches Rohprotein“ oder „umsetzbare Energie nach GfE 2014“. Das erschwert den Vergleich und die Einordnung in die Gesamtration und macht dem Pferdehalter seine Aufgabe nicht eben leicht – oder gar unmöglich.
Lohnenswerter ist deshalb oft ein Blick auf die Fütterungsempfehlungen und weitere Hinweise der Produzenten: Hier findet der Pferdehalter konkrete Angaben zum Einsatz, bezogen etwa auf das Gewicht des Pferdes, die Art (Arbeit, Zucht, Wachstum) oder Höhe der zu erbringenden Leistung sowie besondere Eignungen. Diese Informationen sind deshalb eine wertvolle Unterstützung, die unbedingt zu Rate gezogen werden sollte. So sind manche Faustzahlen eine gute Information und zumindest grobe Richtschnur für den Einsatz: Es gilt beispielsweise, dass etwa 1,2 kg Luzerne im Austausch 1 kg Kraftfutter ersetzen. Auch eine computergestützte Rationsberechnung ist grundsätzlich eine gute Sache und macht endgültig Schluss mit der Fütterung nach Augenmaß.
Viel Eiweiß, aber auch ein hoher Ballaststoffanteil, jede Menge Calcium, aber nur wenig Kohlenhydrate – kein typisches Raufutter, kein „normales“ Kraftfutter, nicht Fisch, nicht Fleisch: Wie also wird Luzerne eingesetzt?

Luzerne: Kraftfutterkomponente UND Raufutterportion

Wer Luzerne neu in eine Tagesration aufnimmt, ersetzt damit im Vergleich zur ursprünglichen Rationsgestaltung sowohl die Raufutterkomponente als auch die Kraftfutterportion ganz oder teilweise: Wird Luzerne zusätzlich zu oder anstatt Heu verwendet, muss auch die Kraftfutterration reduziert werden, wird Luzerne im Austausch zu einem Kraftfutterprodukt eingesetzt, lässt sich auch die Raufutterportion reduzieren…

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Text und Foto: Angelika Schmelzer