Hornspalten erfolgreich behandeln
Für gesunde hufe
Bei jedem Auffußen dehnt sich der Huf und kehrt bei Entlastung wieder in seine ursprüngliche Form zurück. Dieses elastische Verformen bezeichnet man als „Hufmechanismus“. Der gesunde, korrekt geformte Huf – ob beschlagen oder nicht – ist so elastisch, dass Spannungsspitzen dadurch problemlos abgebaut werden. Wird allerdings die Fähigkeit zur Ausdehnung behindert,
treten Spannungen auf, die zu Rissen und Spalten im Horn führen können. Je nachdem, wie tief diese Horndefekte sind, können sie Schmerzen und Lahmheiten verursachen.
Hornspalten sind vertikale Trennungen im Bereich der Hornwand in Längsrichtung, also parallel der Hornröhrchen, die vom Kronrand in Richtung Tragrand verlaufen. Oberflächliche Hornspalten verlaufen in der Glasurschicht und nur an der Außenfläche der Röhrchenschicht. Sie werden auch als Windrisse bezeichnet und stellen normalerweise kein Problem dar. Quer verlaufende Horndefekte nennt man Hornkluft.
Ursache ist hier oft eine vorausgegangene Verletzung am Kronsaum. Echte Hornspalten sollten stets behandelt werden. Teilweise reichen diese bis zum Saumband, der Wachstumszone der Hornwand. Blutungen können die Folge sein. Durch den Hornspalt wird die Hornkapsel instabil, was zu schmerzhaften Zerrungen und Quetschungen der sensiblen Wandlederhaut führt. Die Pferde gehen oft klamm oder lahm.
Hornspalten: meist Folge unphysiologischer Spannungen
Auch wenn ein Hornspalt von einer Verletzung ausgehen kann, sind in aller Regel unphysiologische Spannungen in der Hornkapsel die Ursache. Vergleichbar mit einer Materialermüdung reißt das Horn an der Stelle der höchsten Spannung. Meist sind dabei die Vorderhufe betroffen, insbesondere an der Mitte der Zehenwand sowie seitlich innen und außen kurz hinter der weitesten Stelle des Hufes. Auch wenn Hornspalten häufiger an beschlagenen Hufen zu finden sind, bedeutet dies nicht, dass die Eisen dafür verantwortlich sind. Vielmehr spielen hier mehrere Faktoren zusammen.
1) Hufe mit langen Zehen und niedrigen Trachten
Solche Hufen haben einen sehr hohen „Abrollwiderstand“ beim Abfußen, was zu einer starken Verformung der Hufwände führt. Die Last trifft zudem vermehrt den Trachtenbereich, was Quetschungen und letztlich untergeschobene Trachten zur Folge haben kann. Damit ist der Röhrchenverlauf in der Hornwand zwischen Zehenwand und Trachten nicht mehr parallel. Die daraus resultierenden Spannungen führen nicht selten zu Spalten in der Seitenwand, die von oben nach unten reißen.
2) Extrem flache, breite Hufe, oft mit nach außen verbogener Hufwand
Bei krummen Wänden können die bei Belastung wirkenden Kräfte nicht vollständig in gerader Linie weitergeleitet werden. Die dadurch entstehenden Spannungen hebeln die Hufwand nach außen. Hierbei können Spalten entstehen, die radial verteilt von unten bis zum Knick in der Wand reißen. Teilweise wachsen solche Spalten wieder heraus, um dann erneut einzureißen.
3) Hufe mit ungleicher Wandlänge
Hier wird der Huf bei jedem Auffußen asymmetrisch belastet, was oft zu Seitenwandspalten führt – meist an der inneren, steilen Wand. Diese kippt unter Last nach außen, anstatt sich elastisch zu dehnen. Solche Spalten reißen immer von oben nach unten.
4) Fäulnisprozesse im Spalt
Ein Problem für sich stellen Fäulnisprozesse dar. Bakterien und Pilze finden im Kerbgrund der Spalten ideales Milieu zur Vermehrung und siedeln sich bereits kurz nach der Spaltentstehung an. Infektionen mit möglicher Abszessbildung können die Folge sein.
Die Ursache beseitigen!
Grundsätzlich kann ein Hornspalt nur von oben nach unten herauswachsen. Darum benötigen Hornspalten, die vom Kronrand ausgehen, etwa acht bis zwölf Monate, bis sie verschwunden sind. Dazu muss aber erst einmal die Ursache beseitigt werden. Hier ist der Hufbearbeiter gefragt. Durch entsprechende Hufzubereitung muss dafür gesorgt werden, dass unphysiologische Spannungen vermieden oder zumindest reduziert werden. Dies erreicht man im Allgemeinen durch Annäherung an eine regelmäßige, symmetrische Hufform mit normalen Wandwinkeln und planem Auffußen. Meist ist das nicht bei einem einzigen Termin zu erreichen, sondern nur über mehrere Beschlags- bzw. Bearbeitungsintervalle. Um die geschädigte Wand zu entlasten und Strahl und Hufsohle mit zum Tragen heranzuziehen, sind Beschläge immer mit Kunststoffplatte mit Strahlunterstützung und fester Silikoneinlage sehr hilfreich. Grundsätzlich kann die Korrektur auch beim Barhuf erfolgen, allerdings besteht hier bei unebenem Boden die Gefahr von starken vertikalen Hufdeformationen, was zu erneutem Einreißen führen kann.
Vielfach bewährt: Rekonstruktion des Hufes durch Verkleben
Eine sehr interessante Alternative, die sich auch in schwierigen Fällen bewährt hat, ist das Rekonstruieren des Hufes mittels Kunststoffklebstoffen und Geweben aus Glas, Kohle- oder Aramidfasern. Klebverbindungen erlauben eine stoffschlüssige, großflächige, belastbare Verbindung. Die vorhandene Hornsubstanz wird geschont und nicht durch Bohrungen und Schrauben geschwächt. Löst sich eine Klebung, kann diese einfach erneuert werden. Beim erneuten Verschrauben wird es dagegen eng. Vom Hufmechanismus her funktioniert der Huf wie ein gesunder Huf und das Pferd kann in der Heilungsphase in den meisten Fällen normal belastet werden. Dies ist bei verschraubten Metallplatten und Klammern nicht möglich.
Text und Foto: Florian Ruff