Hufe gesund reiten

Wie Pferdebewegung und Hufgesundheit zusammenhängen

Hufbearbeitung allein macht noch keinen guten Huf. Zu dieser Überzeugung kam Burkhard Rau in seiner 50-jährigen Berufserfahrung als Hufbearbeiter, Schmiedemeister, Therapeut und Trainer. Weitere Faktoren sind Ernährung, guter Boden und viel Bewegung, wobei nicht nur die Quantität, sondern auch die Qualität eine erhebliche Rolle spielt. Wie sich Fehlhaltungen und schlechtes Reiten auf die Hufe auswirken und wie sich dieses dort zeigt, stellt er in seinem bemerkenswerten neuen Buch dar: „Hufe gesund reiten“. Für PFERDE fit & vital hat Burkhard Rau zusammengefasst, wie sich Bewegung und Hufgesundheit gegenseitig bedingen.

Das Pferd ist ein Bewegungstier. Darauf hat sich auch sein Huf in Millionen Jahren der Evolution spezialisiert. Er ermöglicht schnelles Laufen über weite Strecken und verschiedene Untergründe, aber er ist auch von dieser Bewegung abhängig. Wachstum, Abrieb und Festigkeit des Horns werden durch sie beeinflusst. Was aber, wenn nicht nur die Menge, sondern auch die Art der Bewegung einen Einfluss auf Form und Gesundheit der Hufe hat?
In meinen Jahrzehnten der Arbeit als Hufschmied habe ich mir zunehmend öfter die Frage nach Ursache und Wirkung in Sachen Huf gestellt. Einen Huf durch Bearbeitung und/oder Beschlag so im Verhältnis zur Gliedmaßenstellung und dem Bewegungsablauf des Pferdes zu optimieren, dass es sich besser bewegt, ist die eine Seite der Medaille. Vergessen wird dabei aber fast immer eine Wahrheit, die schon Reitmeister de la Guérinière im 18. Jahrhundert formulierte, nämlich, dass auch die Bewegung den Huf formt. Wie sich das Pferd bewegt kann man am Huf erkennen. Mir ist das überdeutlich bei einem langen Ungarnaufenthalt vor rund dreißig Jahren klar geworden, als dort noch zahlreiche Pferdegespanne auf den Landstraßen unterwegs waren. Oft war es üblich, ein Jungpferd zum Anlernen neben ein altes, erfahrenes Pferd zu spannen. Die jungen Pferde hatten, wenn sie neu ins Geschirr kamen, oft recht regelmäßige Hufstellungen. Dann aber passierte in den nächsten Wochen etwas Erstaunliches: Die Hufform veränderte sich. Die Vorderhufe wurden stumpfer, der Fesselstand steiler, die Zehe kürzer. Warum? Die jungen Pferde hatten noch nicht genügend Muskelkraft, um den Wagen zu ziehen. Sie bewältigten die Last, indem sie ihr Gewicht nach vorn ins Geschirr warfen. Ihr Schwerpunkt verlagerte sich nach vorn, ihre Vorderhand wurde, wenn man so möchte, in eine rückständige Stellung gebracht. Die Vorderhufe passten sich dem an und wurden genauso, wie man es bei der angeborenen rückständigen Stellung kennt, nämlich stumpfer.
Was für ungarische Wagenpferde gilt, gilt auch für Sport- und Reitpferde. Wenn das Pferd nicht muskulär auf seine neue Aufgabe vorbereitet ist, wird sich das negativ auf sein gesamtes Bewegungssystem und die Hufe auswirken, und das unter Umständen dauerhaft, wenn sich die Situation etabliert. Wenn das Pferd noch nicht gelernt hat, den Rücken aufzuwölben und Last mit der Hinterhand aufzunehmen, indem es die Hinterbeine weiter unter den Schwerpunkt setzt und das Becken abkippt, dann kommt es zur Überlastung der Vorderhufe, was man sofort an Verformungen erkennen kann.
Verformungen der Hufe sind immer ein Ergebnis ungleicher Belastung. Werden die Trachten stärker belastet, schieben sie sich unter, wenn eine Wand stärker belastet wird, wird sie kürzer – Beispiele dafür gibt es viele.

Der Huf ist ein Zeigeorgan

Das sich richtig bewegende Pferd hat vorne runde und hinten spitzrunde Hufe. Sobald sich daran etwas ändert, ist das für uns ein wertvoller Hinweis, dass etwas in der Art, wie sich das Pferd bewegt bzw. bewegt wird, indem es geritten wird, nicht stimmt. Leider ….

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Text: Burkhard Rau, Foto: Gisela Rau