Richtig abnehmen

Gesundes Gewicht für gesunde Tiere

Übergewicht kann eine Reihe gesundheitlicher Probleme nach sich ziehen. Unter anderem belastet jedes Kilogramm zu viel die Gelenke, was gerade bei Arthrosepatienten denkbar ungünstig ist. Hier ist vernünftiges Ernährungsmanagement gefragt. Wie aber sollte die Ration dabei gestaltet werden, und wie viel sollten betroffene Pferde und Ponys abnehmen? Das erläutert Prof. Dr. Ingrid Vervuert vom Institut für Tierernährung, Ernährungsschäden und Diätetik der Universität Leipzig.

Das „Equine Metabolische Syndrom“ (EMS) ist ein Symptomkomplex, der verschiedene Faktoren einschließt. Dazu zählen generelles oder auf bestimmte Körperregionen begrenztes Übergewicht (Adipositas), Insulin-Dysregulation und Hufrehe-Schübe, die klinisch auch unauffällig verlaufen können. Ein wesentlicher Fokus liegt beim metabolischen Syndrom auf dem Fettgewebe. Beim Pferd ist insbesondere das Unterhautfettgewebe des Nackenkammes als kritisch anzusehen (Info-Box). So konnte gezeigt werden, dass bei Pferden und Ponys ein Zusammenhang besteht zwischen einer vermehrten Fettansammlung des Nackens (Score ≥ 3) und einem erhöhten Erkrankungsrisiko an Hufrehe. Darüber hinaus wird bei Pferden und Ponys mit erheblichen regionalen Fettansammlungen auch eine sogenannte Insulin-Dysregulation beobachtet.

Maßnahme der Wahl: Energierestriktion

Das Problem bei der Gewichtsabnahme liegt darin, die Energiezufuhr sinnvoll einzuschränken, ohne die notwendige Raufuttermenge zu unterschreiten. In der Literatur wird bei Pferden und Ponys ein Körpermasseverlust von ein bis zwei Prozent pro Woche empfohlen. Um das zu erreichen, sollte die Energieaufnahme von übergewichtigen Tieren auf 35 bis 70 Prozent des Erhaltungsbedarfs gesenkt werden. In einer aktuellen Studie konnte gezeigt werden, dass die Verfütterung von 1 bis 1,2 kg Heu pro 100 kg Körpermasse, 100 g Grünmehl und einem kommerziellen Mineralfutter bei einstreuloser Haltung zu deutlichen Gewichtsverlusten führte. Damit konnten Reheschübe vermindert und die Insulinwirkung deutlich verbessert werden.
Allerdings wird dabei die gültige Mindestempfehlung zur Raufutteraufnahme von 1,5 kg/100 kg KM deutlich unterschritten, was zu Magen-Darmstörungen sowie Verhaltensstörungen führen kann. Auch ein 30-minütiges Wässern des Heus in Kombination mit einer anschließenden Heißtrocknung ist wegen der leichten Verderblichkeit nur eingeschränkt zu empfehlen.

Welche Raufutterqualitäten sollten verwendet werden?

Bei der Wahl der Heuqualität sollte ein möglichst später Schnittzeitpunkt genutzt werden, so dass das Pflanzenmaterial deutlich überständig (d. h. nach der Blüte) ist. Das Raufutter sollte in Heunetze (Maschenweite < 25 mm) auf mindestens zwei bis drei Portionen pro Tag verteilt werden. Eine Federwaage erleichtert das Abwiegen der Raufuttermengen. Heulagen oder Grassilagen sind in der Regel energiereicher als überständige Heuqualitäten, so dass auf solche Produkte bei Reduktionsdiäten verzichtet werden sollte. Für die praktische Fütterung ist darüber hinaus eine begrenzte Menge an Stroh zu empfehlen, tägliche Strohmengen zwischen 0,2 bis 0,5 kg pro 100 kg Körpermasse sind bei vielen Ponys und Pferden unproblematisch einzusetzen.

Weidegang

Auf Weidegang sollte man bei übergewichtigen Pferden und Ponys verzichten, insbesondere, wenn es sich Rehepatienten handelt. Bei geringem Übergewicht kann sich der Einsatz einer „Fressbremse“ (Weidemaulkorb) bewähren.

Auf ausreichende Proteinzufuhr achten

Während der Gewichtsreduktion sollte besonderes Augenmerk auf die Proteinversorgung gelegt werden, damit das Pferd nicht Muskelmasse abbaut. Zudem wird ein erhöhter Proteinbedarf während des Abnehmens vermutet. Daher sollten neben Heu proteinreichere Raufutter wie z. B. Grünmehle oder Luzerne in moderaten Mengen in die Ration integriert werden, um den Proteinbedarf adäquat abdecken zu können (Info-Box). Die Harnstoffwerte im Blut sind wichtige Indikatoren, um während der Gewichtsreduktion einen potentiellen Abbau von Muskulatur frühzeitig zu entdecken. Ggfs. muss hier entsprechend gegengesteuert werden.

Was muss sonst noch ergänzt werden?

Vielfach wird die Fütterung sogenannter stärke- und zuckerreduzierter Mischfuttermittel bei dicken Pferden und Ponys empfohlen. Da diese aber häufig mit Fett aufgewertet sind, sollte man auf solche Futtermittel verzichten. Für die Zufuhr der notwendigen Mineralstoffe und Vitamine stehen zahlreiche handelsübliche vitaminierte Mineralstoffergänzungen zur Verfügung. Auch hier bieten die stärke- und zuckerreduzierten Mischfuttermittel oft keine sinnvolle Alternative zu vitaminierten Mineralfuttermitteln, da sie vielfach nur in sehr geringen Mengen eingesetzt werden und so der Bedarf an Mineralstoffen und Vitaminen nicht ausreichend abgedeckt werden kann.

Einfluss von Bewegung

Zahlreiche Studien beim Menschen haben den positiven Einfluss von Bewegung auf die Insulinresistenz untersucht. Dies gilt auch für Pferde. Eine verbesserte Insulinwirkung wird bereits nach siebentägigem Training beschrieben. Allerdings bedeutet mehr Training nicht unbedingt, dass auch die Futtermenge gesteigert werden kann. So bedeuten beispielsweise eine 30-minütige Schritt- und 15-minütige Trabbelastung allenfalls ein tägliches „Mehr“ von 100 g Heu bei einem Pony.

Regelmäßiges Wiegen zur Erfolgskontrolle

Für die Erfolgskontrolle ist das regelmäßige, möglichst wöchentliche Wiegen zu empfehlen. Das ist in vielen Stallgemeinschaften allerdings nur schwer durchführbar, da die meisten keine eigene Pferdewaage besitzen. Daher sollte man kommerzielle Serviceangebote für das Wiegen von Pferden nutzen oder aber in nahe gelegenen Pferdekliniken nachfragen, ob man auf deren Waage das Körpergewicht des Pferdes ermitteln lassen kann. Das sollte im Abstand von vier bis acht Wochen erfolgen. Leichte Veränderungen der Körpermasse sind nur sehr schwer anhand der subkutanen Fettauflagerungen zu überprüfen, da sich diese zum Beispiel im Nackenbereich nur sehr langsam bemerkbar machen. Bei einem Gewichtsverlust von ein bis zwei Prozent pro Woche kann man frühestens nach zehn bis zwölf Wochen eine Veränderung der Fettauflagerungen im Nackenbereich erwarten. Solche wöchentlichen Gewichtsverluste werden aber in der Regel nicht erreicht, so dass der Erfolg des Abnehmens erst später zu erkennen ist. Eine Alternative bieten sogenannte „Gewichtsbänder“.
Allerdings ist vor Anwendung des Gewichtsbands ein Abgleich mit Wiegedaten dringend zu empfehlen. Durch das Abnehmen kann sich auch eine Insulinresistenz deutlich verbessern. Eine entsprechende diagnostische Überprüfung ist ab Körpergewichtsverlusten > 6 Prozent der Körpermasse zu empfehlen.

Text: Prof. Dr. Ingrid Vervuert, Foto: C. Slawik