Mehr Beweglichkeit!

Promotion: Hyaluronsäure 2.0 – ein Update für Reiter & Pferd

Seit Jahren ist der positive Effekt von Hyaluronsäure bei Gelenkerkrankungen bekannt. Vor gut 20 Jahren begaben sich die ersten Pioniere auf den Weg, Hyaluronsäure oral zu verabreichen und erzielten gute Erfolge.

Mittlerweile ist der therapiebegleitende Einsatz von Hyaluronsäure bei Gelenkerkrankungen des Pferdes gar nicht mehr wegzudenken. Es gibt jedoch unterschiedliche Hyaluronsäuren auf dem Markt. Während die niedermolekulare Hyaluronsäure eher äußerlich beim Menschen zur Faltenreduktion eingesetzt wird, kommt die hochmolekulare Hyaluronsäure (>1,5 Mio. Dalton) seit Jahren erfolgreich bei Arthrosen und Gelenkbeschwerden zum Einsatz.

Besondere Bedeutung für die Gelenke

Hyaluronsäure ist Hauptbestandteil der Gelenkschmiere (Synovia) und auch im Gelenkknorpel in großem Umfang zu finden. Aufgrund ihrer hohen Wasserbindungskraft und der daraus resultierenden Druckbeständigkeit dient sie im Gelenk und in anderen hyaluronsäurehaltigen Geweben (z. B. der Bandscheibe) als Puffer.
Hyaluronsäure besitzt eine hohe Viskosität. Diese Zähflüssigkeit gewährleistet im Gelenk, dass stets genügend Schmierfilm vorhanden ist und dieser nicht aus dem Gelenkspalt austreten kann. In Abhängigkeit von der Beanspruchung kann die Hyaluronsäure ihre Fließeigenschaften ändern und passt sich so den unterschiedlichen Belastungen an.
Früher ging man davon aus, dass Hyaluronsäure nur durch Injektion direkt in das betroffene Gelenk verabreicht werden kann. Forscher des American Institute for Biosocial and Medical Research konnten 2008 jedoch nachweisen, dass hochmolekulare Hyaluronsäure (1,1-1,5 Mio. Dalton) bereits nach einmaliger oraler Verabreichung resorbiert und in Bindegewebsstrukturen sowie in die Gelenke transportiert wird. Dort wird sie vor allem in der Synovialflüssigkeit und im Knorpel angereichert. In verschiedenen Forschungs- und Feldstudien wurde die Wirkung einer oralen Verabreichung bei Pferd, Hund und Mensch nachgewiesen.

Das kann Hyaluronsäure

Oral applizierte hochmolekulare Hyaluronsäure kann nach chirurgischer Chipentfernung deutlich Gelenkergüsse beim Pferd reduzieren. 2006 wurden in einer Doppelblindstudie 48 Vollblutjährlingen mit OCD im Sprunggelenk operativ die Chips entfernt. 24 Jährlingen (mit 27 betroffenen Gelenken) wurde nach Chipentfernung über 30 Tage 100 mg hochmolekulare Hyaluronsäure oral verabreicht. 24 Jährlinge (mit 33 betroffenen Gelenken) erhielten nach Chipentfernung über 30 Tage ein Placebo. Die Untersuchungen nach 30 Tagen zeigten, dass die Gelenkergüsse im Sprunggelenk der mit Hyaluronsäure behandelten Pferde deutlich geringer waren als in der Placebogruppe.
Oral applizierte hochmolekulare Hyaluronsäure kann zudem Lahmheiten vorbeugen. Der prophylaktische Effekt von oral verabreichter Hyaluronsäure wurde beispielsweise an Rennpferden (Vollblütern) getestet. In einer randomisierten, placebokontrollierten Doppelblindstudie wurde 13 aktiv trainierten Galoppern 59 Tage lang 100 mg Natriumhyaluronat oral in flüssiger Form verabreicht.
13 aktiv trainierte Galopper erhielten über den gleichen Zeitraum ein Placebogel. Während dieser 59 Tage mussten signifikant weniger Pferde aus der Hyaluronsäuregruppe wegen Lahmheiten untersucht und behandelt werden (nur 4 von 12) als aus der Placebogruppe (11 von 13).
Zudem verbesserte sich der Zustand der Pferde mit Vorerkrankungen des Bewegungsapparates deutlich. Die Studie zeigte, dass mit oral verabreichter Hyaluronsäure Lahmheiten beim Vollblut-Rennpferd verhindert werden konnten.

Auch für den Menschen sinnvoll?

Bereits ab Mitte 20 sinkt der Hyaluronsäurespiegel im Körper, im Alter von etwa 60 Jahren sind im Regelfall nur noch etwa 10 Prozent der ursprünglichen Hyaluronsäure im Körper vorhanden. Da die Hyaluronsäure Hauptbestandteil der Gelenkflüssigkeit ist, führt ein Mangel an Hyaluronsäure dazu, dass der Schmierfilm im Gelenk nicht mehr optimal vorhanden ist. Es kann zu schmerzhaften
Gelenkreizungen und Knorpelschäden kommen, die mit weiteren Gelenkbeschwerden einhergehen. Arthritis und Arthrose können die Folge sein. Daher ist es sinnvoll, dem Körper wieder eine entsprechende Menge Hyaluronsäure zuzuführen.
Seit zirka 15 Jahren wird der Einsatz von oraler Hyaluronsäure eingehend untersucht und hat bei Ärzten und der Öffentlichkeit beträchtliches Interesse hervorgerufen. Insbesondere die Verwendung oraler Hyaluronsäure bei Knieschmerzen war die Quelle vieler Forschungen und ist aufgrund ihr Sicherheit und relativ geringen Kosten im Vergleich zu Injektionen inzwischen weit verbreitet.
In einer ganz aktuellen Studie aus dem Jahr 2018 („Oral hyaluronan for the treatment of knee osteoarthritis: a systemic review“, Guardagna et al, 2018) war es das Ziel, die Wirksamkeit der oralen Hyaluronsäure bei der Behandlung von Knie-Osteoarthrose (OA) auf der Grundlage der neuesten Daten aus der Literatur zu diskutieren. Hierbei wurden 15 Studien zum Einsatz oraler Hyaluronsäure bei Arthrosepatienten genauer unter die Lupe genommen und ausgewertet. Die überwiegende Mehrheit der analysierten Studien ergab signifikante Verbesserungen der Beweglichkeits- und Schmerzscores – und das bereits nach kurzen (1- 4 Monate) täglichen Behandlungen mit oralen HA-Präparaten im Vergleich zu Placebobehandelten Kontrollen. Die aktuellen klinischen Daten zum Einsatz oraler Hyaluronsäure sind vielversprechend und stehen im Einklang mit der Empfehlung der Europäischen Gesellschaft für klinische und wirtschaftliche Aspekte von Osteoporose und Osteoarthrose (ESCEO), Alternativen wie orale Hyaluronsäure, Chondroitin und Glucosamin zu verwenden.
Hyaluronsäure gelangt nach oraler Einnahme in den gesamten Organismus und damit in über 230 Gelenke. Bei kontinuierlicher oraler Einnahme erfolgt eine Anreicherung im Körper und zudem geht man davon aus, dass die körpereigene Hyaluronsäureproduktion angeregt wird. Auch weitere Bindegewebsstrukturen wie etwa die Haut können von dem erhöhten Hyaluronsäurespiegel profitieren.

Qualität und Konzentration der Hyaluronsäure

Die positiven Effekte von Hyaluronsäure hängen aber stark von 1. der Konzentration und 2. der Qualität der eingesetzten Hyaluronsäure ab. Hochmolekulare Hyaluronsäure der neuesten Generation wird nicht auf klassischem Wege als tierisches Erzeugnis gewonnen. Moderne Verfahren ermöglichen die Herstellung von Hyaluronsäure durch Fermentation von extrazellulären Proteinen. Die so gewonnene Hyaluronsäure enthält keine tierischen Bestandteile und ist somit auch für Allergiker geeignet. Da hochmolekulare Hyaluronsäure teuer ist, wird sie vielfach verdünnt. Viele preiswerte Hyaluronsäure-Präparate im Handel enthalten häufig zu wenig Hyaluronsäure in der Tagesdosis und haben zudem eine eingeschränkt bioverfügbare Struktur.
Gerade als Reiter sollten Sie elastisch und beweglich sein, um mit den richtigen Hilfen sensibel auf Ihr Pferd einwirken zu können. Warum also nicht die positiven Eigenschaften oraler Hyaluronsäure für sich selbst und Ihr Pferd nutzen?

Text: Dr. Eva-Maria Fartmann, Foto: A. Schmelzer