Hautpflege mit Aloe

Aloe (vera) ist eine der ältesten bekannten Heilpflanzen und wird nicht nur, aber vor allem zur Behandlung von dermatologischen Erkrankungen eingesetzt. Auch für die Haut- und Fellpflege von Pferden ist sie für viele Tierhalter mittlerweile unverzichtbar. Was ist dran am Mythos Aloe? Unsere Autorin Anke Klabunde ist der Frage nachgegangen. 

Zahlreiche Pferdebesitzer schwören bei Sommerekzem und Sonnenbrand, Mauke, Insektenstichen und sogar beim Equinen Sarkoid auf den positiven Effekt des eher unscheinbaren Gewächses. Neben der entspannenden und beruhigenden Wirkung bei Hautreizungen und -irritationen werden bei Infektionen und kleineren Wunden vor allem die desinfizierenden, antibakteriellen und entzündungshemmenden sowie schmerzlindernden Eigenschaften des Pflanzenextraktes geschätzt. Es wird davon ausgegangen, dass dies u.a. auf die enthaltenen Polysaccharide zurückzuführen ist. Diese fördern die oberflächliche Hautheilung, indem sie die Widerstandskraft der Zellmembran gegen Viren und Bakterien verbessern. Vor allem der Hauptwirkstoff Acemannan nimmt eine Schlüsselrolle ein – besitzt er doch immunstimulierende, antivirale und antimykotische, also pilzhemmende, Eigenschaften. Andere Inhaltsstoffe wie zum Beispiel die Salizylsäure wirken schmerzlindernd und hemmen leichte Entzündungen.  

Die Königin der Heilpflanzen

Die Aloe ist eine eher unauffällige Pflanze. Die bekannteste Art ist Aloe barbardensis miller, auch Aloe vera (deutsch: die wahre Aloe), deren Blattmark als Gel vielseitige Verwendung im Lebensmittel- und Kosmetikbereich findet. Aufgrund ihrer mit dünnen Dornen bestückten, bis zu 50 Zentimeter langen und zu einer dichten Rosette angeordneten, dickfleischigen Blätter erinnert sie stark an einen Kaktus, während sie gleichzeitig einer Agave ähnelt – und doch gehört sie, wie die Zwiebel oder der Knoblauch, zur Familie der Liliengewächse. Mit ihrem Blütenstand kann sie bis zu einen Meter hoch werden. Ihr Ursprung ist nicht bekannt, vermutlich stammt sie aus dem Sudan und von der arabischen Halbinsel. Heute fühlt sie sich unter anderem in subtropischen Wüstenregionen Afrikas, Asiens und Lateinamerikas sowie im Mittelmeerraum heimisch. 

Nebenwirkungen

Manchen Berichten zufolge gilt Aloe als reinste Wunderpflanze, aus pharmazeutischer Sicht sieht das ein wenig anders aus. Das aus drei Schichten bestehende Blatt setzt sich zusammen aus Blattrinde, Latex-Schicht mit gelber, bitter schmeckender Flüssigkeit und dem gelartigen Blattinneren, dem Wasser speichernden Blattmark. Das unterhalb der grünen Blattrinde abgesonderte, farbige Sekret enthält Anthranoide (Anthrachinone), die eine stark abführende Wirkung aufweisen. Produkte mit dieser Eigenschaft wurden einige Zeit im humanmedizinischen Bereich eingesetzt, gelten aber inzwischen aufgrund ihrer Nebenwirkungen nicht mehr als Mittel der Wahl. Ihre Anwendungsdauer sollte laut Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte auf einen kurzen Zeitraum beschränkt werden. Eine Überdosis kann schwerwiegende Folgen haben. 

Hinsichtlich der Anzahl an positiven Inhaltsstoffen sind sich die Experten nach wie vor nicht ganz einig. Im Mittel wurden etwa 200 verschiedene Stoffe nachgewiesen. Hierbei handelt es sich neben Acemannan und Salizylsäure hauptsächlich um diverse Mucopolysaccharide, Saponine, Enzyme, Aminosäuren, Vitamine und Mineralstoffe sowie weitere Kohlenhydrate. Das Spektrum an Inhaltsstoffen gilt zwar als groß, die einzelnen Konzentrationen sind jedoch sehr gering. Etwa 99 Prozent des Aloe vera-Gels besteht aus Wasser. Auch der Anteil an Vitaminen ist eher gering. Finden diese eine besonders Erwähnung in der Deklaration, handelt es sich meist um zugesetzte (synthetische) Vitamine. Vitamin C wird häufig aus Gründen der Konservierung zugefügt. 

Eine Frage der Qualität

Wie so oft ist die Qualität eines Naturproduktes von verschiedenen Faktoren abhängig – das ist auch bei Aloe-Pflanzen nicht anders: Wenige der vermutlich mehr als 250 Aloe-Arten, die weltweit existieren, enthalten die Inhaltsstoffe, denen eine besondere Wirkung nachgesagt wird. Nur die Echte Aloe gilt als besonders hochwertig. Zudem schwanken die Wirk- und Inhaltsstoffe und hängen stark vom Land, dem Boden sowie der späteren Zubereitungsmethode ab.  

Weiterhin bedürfen Anbau und Ernte einer besonderen Sorgfalt, die nicht alle Hersteller in dem erforderlichen Umfang gewährleisten. Die nach Deutschland importierten Produkte stammen überwiegend aus Amerika, Spanien und Australien, wo sie häufig in Monokulturen angebaut werden – denn alle wild wachsenden Aloe-Arten unterstehen dem Artenschutz. 

Kritische Verbraucher differenzieren darüber hinaus zwischen konventioneller und ökologischer Landwirtschaft, in der bei erstgenannter Herbizide und bei der zweiten beispielsweise Schafe und Ziegen eingesetzt werden, um das Wachstum unerwünschter Beipflanzen zu reduzieren. Produzenten mit hohem Qualitätsanspruch ernten nur die äußeren Blätter, von denen jedes einzelne Blatt ein Gewicht von durchschnittlich 500 Gramm aufweist. Damit eine Pflanze möglichst über viele Jahre genutzt werden kann, muss ein Mindestbestand von Blättern am Stock verbleiben. 

Aloe ist nicht gleich Aloe

Es existieren verschiedene Methoden, ein Extrakt aus der Aloe-Pflanze herzustellen. Für die spätere Wirkung und den Einsatz ist entscheidend, ob das gesamte Blatt verwertet wird oder nur ausgewählte Blattteile. Zur Gewinnung des Blattmarks (Gel) wird die Schale entfernt und der im Blattinneren befindliche Kern mit Wasser herausgelöst. Das Ergebnis ist eine durchsichtige, fast farblose, viskose Masse, die neben Wasser u.a. saure Heteropolysaccharide, einfache Zucker sowie wasserlösliche Vitamine enthält. Je nach Verfahrensweise werden die unerwünschten Stoffe abgetrennt bzw. gefiltert, das gewonnene Blattgel gegebenenfalls technologisch behandelt.  

Vor allem das Gel des frisch abgeschlagenen Blattes soll, so die Weltgesundheitsorganisation (WHO), die meisten heilsamen Wirkstoffe enthalten. Es ist von zähflüssiger, schleimiger Konsistenz und wird sehr schnell von der Haut aufgenommen. In verarbeiteten Aloe-Produkten, ob in Salben, Cremes oder Tinkturen, büßen hingegen einige Substanzen ihre Aktivität ein. Es kommen daher unterschiedliche Stabilisierungsverfahren zum Einsatz, um der Qualität der Wirkstoffgehalte einer frischen Pflanze möglichst nahe zu kommen.  

Wundversorgung mit Tradition

Traditionell findet Aloe Vera bei der Hautpflege und zur Wundbehandlung Anwendung. Gels, Salben und Sprays mit Aloe können Pferden bei vielen Hautproblemen Linderung verschaffen und beanspruchte Haut pflegen. Die Produkte enthalten in der Regel keine ganzen Blätter, sondern das aus dem Blattmark der Aloe barbardensis hergestellte Gel.  

Text: Anke Klabunde