Einstreu und Bodenbeläge für Boxen und Offenstall
Warm, weich & trocken
Noch vor wenigen Jahrzehnten war klar: Unser Stall hat ein Betonfundament und eingestreut wird mit Stroh. Punkt. Heute hat sich längst ein florierender Markt etabliert, der zahlreiche Einstreuvarianten ebenso bereithält wie ganz unterschiedliche Bodenbeläge für Boxen oder Liegebereiche in Offenställen. Die Produktpalette ist so umfangreich, dass die Auswahl zwar groß ist, die Übersicht aber manchmal schwer fällt.
Auf den nächsten Seiten lesen Sie, worauf Sie beim Boden des Stalls achten müssen.
Unsere Pferde verbringen viel Zeit im Stall – der Untergrund in ihrer „Wohnung“ muss unbedingt ihren Bedürfnissen entsprechen. Er ist ihnen Bürostuhl, Laufband, Sonnenliege, Bett und Toilette zugleich, muss also einem ganzen Bündel an Ansprüchen genügen.
Liegen, Laufen und mehr
Je nach Haltungsform lassen sich die Funktionsbereiche trennen – oder eben nicht! Während in einer Box die Pferde auf eng begrenztem Raum stehen, liegen, äppeln und harnen müssen, sind die Funktionsbereiche bei Paddockboxen, Laufställen, Gruppenauslaufhaltung oder Aktivställen zunehmend besser entzerrt.
Es ist dann möglich, für einzelne Bereiche eigene Lösungen zu finden, also etwa den Liegebereich weich auszulegen, zusätzlich ein mit besonders saugfähigem Material versehenes „Stall-Klo“ einzurichten und die Laufbereiche wiederum mit einem besonders trittsicheren Boden auszustatten. Boden und Einstreu oder andere Materialien müssen zum jeweiligen Funktionsbereich und zueinander passen. Eine strikte Trennung wird sich allerdings auch bei getrennten Funktionsbereichen kaum herbeiführen lassen: Auf den Liegeflächen wird auch gelaufen oder gestanden, im Laufbereich geharnt, am Futterplatz geruht.
Liegeflächen müssen den Pferden
•eine warme,
•trockene,
•weiche (verformbare) Oberfläche bereitstellen,
•beim Aufstehen und Ablegen genügend Halt bieten und sie sollten dabei
•möglichst wenig verformt und verschoben werden.
Laufbereiche sollten
•das Gehen, Stehen und Laufen gelenkschonend ermöglichen,
•bei jedem Wetter trittsicher und rutschfest sein,
•wenig Abrieb aufweisen.
Eigene Bereiche zum Harnen und Abkoten müssen mit einer Einstreu versehen sein, die
•viel Flüssigkeit aufnehmen kann,
•die Bildung von Schadgasen (Ammoniak) unterdrückt,
•sich leicht und rückstandsfrei entnehmen lässt und
•von den Pferden möglichst nicht gefressen wird.
Überlagern sich Funktionsbereiche, muss die Kombination aus Boden und Einstreu alle genannten Eigenschaften aufweisen.
Einstreu – gestern und heute
Lange Zeit war Stroh lediglich ein Nebenprodukt der Getreidegewinnung, für das man außer als Einstreu wenig Verwendung hatte. Stroh war meist regional verfügbar, preisgünstig, gut zu lagern und zu entsorgen und so zum Goldstandard in der Pferdehaltung geworden.
Es hatte zudem den Vorteil, auch als Raufutterlieferant zu dienen – Stroheinstreu beugt der Langeweile in der Boxenhaltung vor. Lediglich chronisch hustenkranke Pferde mit nachgewiesener Stauballergie und zu Verstopfungskoliken neigende Pferde wurden auch früher auf alternativer Einstreu aufgestallt.
Heute geht der Trend mehr und mehr in Richtung pferdegerechter Aufstallung, sodass die Bekämpfung von Langeweile durch Strohknabbern an Bedeutung verliert.
Die bei übermäßiger Aufnahme von Stroh zu beobachtenden Probleme (v. a. Strohkoliken) spielen bei gezielter Gabe einer bedarfsgerechten Raufutterration und der Haltung auf einer Einstreu, die vom Pferd nicht gefressen wird, keine Rolle.
Sollten Pferde im Einzelfall eine an sich ungenießbare Einstreu aufnehmen, ist dies manchmal auf Neugierde oder Langeweile, meist aber auf zu geringe Raufutterrationen oder zu große Fresspausen zurückzuführen.
Weitere Gründe haben dazu geführt, dass sich ein florierender Markt an Einstreu-Alternativen entwickelt hat: Aus dem einstigen Abfallprodukt Stroh ist ein gesuchter Rohstoff geworden. Nicht nur wird Stroh heute als Baustoff und Dämmstoff im Hausbau eingesetzt, es hat inzwischen auch einen festen Platz in der Energiegewinnung über Strohheizkraftwerke und wird zur Erzeugung von Biomethan eingesetzt. Die Preise steigen, die regionale Verfügbarkeit nimmt ab.
Nicht nur aus den genannten Gründen stellen Pferdebetriebe zunehmend auf alternative Einstreu um, doch auch diese Produkte steigen im Preis, da die Ausgangsmaterialien inzwischen ebenfalls etwa zur Dämmung oder Energieerzeugung genutzt werden. Viele Stallbetreiber suchen deshalb nach Möglichkeiten, ihre Pferde bei erhaltenem Komfort und guter Hygiene auf kostengünstigen Kombinationen von Bodenbelag und Einstreu aufzustallen. Damit verbunden sind oft auch Änderungen im Stallmanagement.
Ökonomisch und ökologisch sinnvoll?
Bei der Umstellung auf alternative Einstreu wird oft nicht einfach Stroh durch ein anderes Produkt ersetzt – es entstehen teils völlig neue Arbeitsabläufe und Nährstoffkreisläufe. Führt man neue Einstreuvarianten ein, muss umgedacht werden:
•Manche Alternativen werden über lange Wege, teils aus dem Ausland eingeführt,
•sie sind teils aufwändig verpackt, es fällt also im Vergleich zu Stroh viel Verpackungsmüll an,
•für den Einsatz kann nicht immer auf vorhandene Gerätschaften zurückgegriffen werden,
•manchmal sind andere Arbeitsabläufe notwendig,
•für die Entsorgung des anfallenden Mists müssen oft andere Abnehmer gefunden werden.
Der Boom alternativer Einstreu hat allerdings auch dazu geführt, dass einige Produkte inzwischen vermehrt regional verfügbar sind. Bei größeren Betrieben lohnt der Bau eines Vorratssilos, da manche Einstreualternativen auch als Schüttgut angeliefert werden können – so sparen Sie Aufwand, Kosten und Abfall. Auch wiederverwendbare Behältnisse, wie von manchen Herstellern inzwischen angeboten, sind ökologisch und ökonomisch sinnvoll. Verzichten sollte man vor allem in großen Betrieben auf den Bezug von Einstreu in kleinen Gebinden, da hier erhebliche Kosten für die Entsorgung anfallen – und umweltfreundlich ist dieser „Verpackungs-Overkill“ sicher nicht…
Es lohnt der Blick auf das Gesamtkonzept: Kosten und Arbeitsaufwand müssen komplett erfasst und verglichen werden. Eine günstig zu beziehende, aber nur mit hohem Aufwand mittels (teuren) Spezialgeräten verwendbare Einstreu, die schlecht kompostierbar ist und erst nach Jahren als Dünger ausgebracht werden kann, also auch größere Mistlagerflächen erfordert, kommt im Ganzen sicher teuer.
Alleskönner Einstreu
Was muss eine gute Einstreu für Liegeflächen und Boxen in der Pferdehaltung leisten? Sie sollte
•für Pferde unschädlich sein und nicht gefressen werden,
•möglichst viel Flüssigkeit aufnehmen und binden,
•Gerüche weitgehend neutralisieren,
•eine sichere, gelenkschonende Lauffläche und
•warme, weiche Liegefläche bieten,
•die Ammoniakbildung im Stall reduzieren sowie
•nicht zu Schimmelbildung, Fäulnis und Schädlingsbefall neigen, muss außerdem
•gut zu lagern, zu bearbeiten und zu entsorgen und nicht zuletzt
•insgesamt möglichst preisgünstig sein.
Heute geht man mehr und mehr dazu über, traditionelle oder alternative Einstreu mit modernen Bodenbelägen aus unterschiedlichen Materialien zu kombinieren. Diese Produkte werden auf den trockenen, sauberen Boden der Box oder des Offenstalls verlegt und mit einer stark reduzierten Menge an Einstreu überstreut. Der Bodenbelag schafft eine warme, weiche und rutschfeste Oberfläche, die Einstreu übernimmt die Bindung anfallender Flüssigkeiten.
Diese Kombination ist bei erhaltener Hygiene und Komfort geeignet, Kosten zu sparen und den Arbeitsaufwand zu reduzieren, wie eine Studie bereits vor einiger Zeit bewies – bei einem Versuch mit 3 cm dicken Gummimatten und einer 1 cm dicken Späneeinstreu hat man pro Pferd und Jahr eine Gesamtersparnis von 300 Euro gegenüber einer 10 cm dicken Streu ohne Bodenmatte errechnet.
Komfortable, praktisch, pferdegerecht: Moderne Bodenbeläge
Bodenbeläge in der Box oder dem Liegebereich des Offenstalls sollen vor Strahlungskälte schützen und einen hohen Liegekomfort bieten, aber auch beim Stehen, Laufen und Ablegen rutschfest sein und gelenkschonend wirken. Meist müssen sie aus Gründen der Hygiene wasserdicht sein, um nicht von Urin unterwandert zu werden. Manche Produkte sind aber auch wasserdurchlässig angelegt und erlauben eine Drainage nach unten – je nach den Gegebenheiten vor Ort ist das geeignete Produkt zu wählen.
Zwar kann mit einem geeigneten Bodenbelag Einstreu gespart werden, ganz ohne Streu kommt der Pferdehalter allerdings nicht aus – anfallende Flüssigkeiten müssen zwingend von der Einstreu aufgesaugt werden, damit sie entsorgt werden können.
Das Angebot ist vielfältig, die Produkte unterscheiden sich u. a. hinsichtlich
•der Zuschnitte (Bahnen- bzw. Meterware, Platten unterschiedlicher Größe),
•der Stärke,
•der Verlegetechnik (Aufspachteln, Nut und Feder, Puzzle, …),
•der verwendeten Materialien (z.B. Gummi, EVA, …),
•der Oberfläche (genoppt, Hammerschlagprofil, …).
In ihren Eigenschaften sind sie mit unterschiedlichen Schwerpunkten
•kälteisolierend,
•rutschfest bzw. rutschhemmend, sie
•dämpfen Schall, Vibrationen und Stöße, wodurch sie
•gelenkschonend und huffreundlich wirken.
Auf Maß zugeschnitten werden sie je nach Material und Dicke mit einem Teppichmesser oder einer Säge. Eine umlaufende Falznut, ein Puzzlesystem oder andere Verbindungen sorgen für einen festen und annähernd oder komplett wasserdichten Schluss. Für manche Systeme ist zusätzliches Zubehör wie etwa abgeschrägte Rampenelemente zum Abschluss erhältlich.
Vorsicht ist geboten bei Produkten, die unangenehm stark riechen. Solche Ausdünstungen können auf gesundheitsgefährdende Zusätze hinweisen. Empfehlenswerte Hersteller bestätigen gerne den Verzicht auf derlei Chemikalien, verweisen auf entsprechende Prüfberichte oder gleichen ihre Produkte an die Erfordernisse etwa von Fallschutzmatten auf Kinderspielplätzen an.
Bleibende HerausforderungenLangfristig gesehen ist der streusparende Einsatz von modernen Bodenbelägen ökologisch wie ökonomisch wohl am sinnvollsten. Komfort und Hygiene werden verbessert, aus wirtschaftlicher Sicht rechnet sich die Umstellung auf Bodenmatten nicht nur finanziell, sondern auch hinsichtlich Arbeitsaufwand und Arbeitsbelastung. Zudem werden Lagerflächen sowohl für Einstreu als auch für Mist eingespart.
Text: Angelika Schmelzer, Foto: Trio Bildarchiv