Haut & Fütterung: Glanz von innen
Die Haut ist das größte Organ des Pferdes, dessen Bedeutung häufig unterschätzt wird. Dabei erfüllt die Haut eine Vielzahl von Funktionen und erbringt erstaunliche Leistungen.
Pferde fit & vital hat drei Experten gefragt, worauf bei der Fütterung zu achten ist, um die Haut gesund zu erhalten.
Als Schutzorgan fungiert die Haut als „äußeres Schutzschild“. Sie schützt alle innenliegenden Organe, bewahrt vor Kälte, Wärme, UV-Strahlung und Infektionen. Als Regulationsorgan regelt die Haut den Feuchtigkeitshaushalt und entsorgt als Atmungsorgan Abfallstoffe über die Atemgase. Die Haut ist aber auch Sinnesorgan, indem sie Sinnesreize über die in der Haut endenden Nervenbahnen empfängt und weiterleitet, und ist schließlich auch Speicherorgan, weil sie Energie in Form von Fettzellen als Depotfett in der untersten Hautschicht bunkert.
Aufbau und Ernährung der Haut
Die Haut besteht aus Oberhaut (Epidermis), Lederhaut (Corium oder Dermis) und Unterhaut (Subcutis). „In den tiefen Schichten der Oberhaut werden kontinuierlich neue Zellen gebildet. In den oberen Schichten der Oberhaut bilden die abgestorbenen Zellen eine schützende Hornschicht“, erklärt die Tierheilpraktikerin für Pferde Julia Melanie Hahlweg.
Die Ernährung der Oberhaut erfolgt durch die darunter liegenden Lederhaut, die wiederum aus zwei Schichten besteht. „In der ersten Schicht finden wir kleine Vertiefungen und Erhebungen, die auf der Haut wie bei einem Fingerabdruck als Rillen zu erkennen sind. Die zweite Schicht gewährleistet die Verschiebbarkeit und Elastizität der Haut“, so Hahlweg weiter. „Die Unterhaut ist ein bindegewebiges Geflecht mit eingelagerten Fettzellen, die den Körper nach innen vor Wärmeverlust und nach außen gegen Kälte und Hitze schützen. Außerdem bilden die Fettzellen ein Druckpolster zum Schutze der Muskulatur“.
Die Haut ist also ein mehrlagiges Gewebe, das auch „mehrlagig über den Blutkreislauf mit Nährstoffen versorgt wird“, verdeutlicht die unabhängige Futterberaterin Constanze Röhm. Allerdings sind die Kapillaren im Hautgewebe sehr fein und für eine gute Nährstoffverteilung auf eine ausreichende Durchblutung angewiesen. „Hier ist durchaus ein Unterschied zwischen Sommer- und Winterdurchblutung festzustellen. Aufgrund des vermehrten Unterhautfetts im Winter ist die Haut dicker als im Sommer und wird schlechter durchblutet“, erläutert Röhm und weist darauf hin, dass die Ausbildung des Unterhautfetts genetisch vorgegeben ist. So haben sogenannte Nordpferderassen aus Kaltklimazonen das ganze Jahr über ein mehr oder weniger ausgeprägtes Unterhautfett. Das ist auch der Grund, warum Isländer, Norweger & Co nie so schlank sein können wie Warm- oder Vollblüter.
Wichtige Nährstoffe für die Haut
Die Haut benötigt zur Erfüllung ihrer Funktionen im Grunde alle Nährstoffe, die auch für den Gesamtorganismus erforderlich sind. Neben Kohlenhydraten sind das Eiweiß, Fett, Mineralien und Vitamine. „Kohlenhydrate sind zwar für die Haut nicht so relevant wie für die Muskeln. In den unteren Hautschichten befindet sich aber eine Art Weichmuskulatur mit Haarbalgmuskeln, die für die Aufstellung der Haare zuständig sind. Ohne eine Grundzufuhr an Kohlenhydraten kann diese Reizaktivität nicht auf-rechterhalten werden“, mahnt Constanze Röhm. Unentbehrlich für den Zellaufbau ist Protein.
„Vor allem die schwefelhaltigen Aminosäuren wie Methionin und Cystein sind für die Keratinbildung elementar“, weiß Dr. Kathrin Irgang, die eine tierärztliche Beratungspraxis für Ernährung betreibt. Mehrfach ungesättigte Fettsäuren sorgen für genügend Hautelastizität und unterstützen zusammen mit Vitamin E und Selen die Funktion der Zellmembranen. Vitamin A gilt als das Schutzvitamin der Haut, Vitamin B12 fördert zusammen mit Kobalt die Blut-bildung und Vitamin B7 – auch als Vitamin H oder Biotin bekannt – ist ebenfalls an der Bildung von Keratin beteiligt.
Das Spurenelement Kupfer ist für die Pigmentbildung von Haut und Haar essentiell, Zink ist für Aufbau und Funktion der Haut unerlässlich. Bei den Mengenelementen spielt vor allem Natrium eine wichtige Rolle für die Hautgesundheit, das den Säuren/Basen- und Wasserhaushalt reguliert. Alle diese Nährstoffe sollten ausreichend und bedarfsgerecht in der Gesamtration vorhanden sein.
Auswirkung der Darmfunktion auf die Haut
Voraussetzung für eine ausreichende Verstoffwechselung der Nährstoffe ist aber eine uneingeschränkte Darmfunktion, da die Nährstoffe aus dem Futter vom Darm resorbiert werden müssen. „Der Darm ist das größte Resorptionsorgan. Ist die Resorption ganz oder auch nur teilweise gestört, leidet die Haut sichtbar“, sagt Constanze Röhm. Schuld an einer Resorptionsstörung können laut Dr. Irgang etwa eine durch Einlagerungen verdickte Darmwand oder eine Schädigung der Darmflora sein, die unter anderem die Eigensynthese von B-Vitaminen einschränkt.
Die Tierärztin macht aber auch klar, dass die Verdauung nicht erst im Darm stattfindet, sondern bereits im Maul beginnt. „Man spricht nicht umsonst vom Kopfdarm, denn durch Kauen und Einspeicheln wird die Nahrung vorverdaut. Damit das Pferd sein Futter ausreichend zerkleinern kann, müssen die Zähne gesund sein.“ Die Tierheil-praktikerin bringt noch weitere wichtige Komponenten ins Spiel: „Der Verdauungskanal hat sich evolutionär nicht verändert. Das gesamte Verdauungssystem mit kleinem Magen und langem Darm ist auf eine möglichst fortwährende Aufnahme geringer, roh-faserreicher Futtermengen ausgerichtet. Unter naturnahen Bedingungen bewegen sich Pferde täglich 16 bis 18 Stunden grasend fort, was eine reibungslose Verdauung gewährleistet.
Werden diese Konstanten permanent unterbrochen, schlägt sich das im Erscheinungsbild der Haut nieder“, so Julia Melanie Hahlweg. Die Möglichkeit einer kontinuierlichen Bewegung und Nahrungsaufnahme ist also maßgeblich an der Gesunderhaltung des Verdauungsapparats beteiligt. Überdies kurbelt Bewegung Stoffwechselprozesse und Durchblutung an.
Grobfutter gezielt ergänzen
Für geregelte Verdauungsprozesse ist Grobfutter unentbehrlich und muss in ausreichender Menge zur Verfügung stehen. Da sind sich alle drei Experten einig. Als tägliche Mindestmenge an Grobfutter gilt rund 1,5 Kilo Trockensubstanz pro 100 Kilo Körpermasse, wobei laut den aktuellen Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährungsphysiologie der Haustiere von 2014 für Heu 1,7 Kilo pro 100 Kilo Körpermasse und für die feuchteren Heulagen sogar 2 Kilo zu veranschlagen sind.
Diese Mindestmengen berücksichtigen sowohl die Befriedigung des Kaubedürfnisses mit entsprechendem Sättigungseffekt als auch ideale Bedingungen für die Verdauung wie genügendes Einspeicheln und ausreichend Zellulose für die Darmbakterien. Überdies gewährleisten diese Raufuttermengen bereits einen Großteil der täglichen Nährstoffversorgung.
So sagen alle drei Experten übereinstimmend, dass Krippenfutter nur für Sportpferde erforderlich ist, um eventuelle Energielücken zu schließen. Fehlende Fett- und Aminosäuren, Vitamine und Mineralien im Grobfutter müssen bedarfsgerecht über diverse Futterzusätze ergänzt werden, denn sowohl Defizite als auch Überschüsse wirken sich gleichermaßen negativ auf den Organismus und schließlich auf die Haut aus. Die Crux: „Fütterungsbedingte Hautprobleme fallen zwar auf Sicht als erstes auf, die Fehlernährungen müssen aber schon über einen längeren Zeitraum bestehen, bevor sie auf der Haut zu erkennen sind“, gibt Constanze Röhm zu bedenken. „Die Haut steht als äußere Schutzhülle am Ende der Nahrungskette, sodass sich Hautveränderungen infolge Nährstoff-Imbalancen erst sehr spät zeigen“, bestätigt Julia Melanie Hahlweg. „Und was sich langsam entwickelt, ist auch so schnell nicht wieder wegzukriegen“. Von Supplementierungen auf Verdacht raten die Experten deshalb ab.
Professionelle Rationsberechnungen und regelmäßige Analysen des Raufutters helfen bei der passenden Nahrungsergänzung, Blut- und Haaranalysen zeigen Mängel oder Überangebote einzelner Nährstoffe.
Kohlenhydrate, Fett- und Aminosäuren
Heu in ausreichenden Mengen enthält zur Aufrechterhaltung der Reizfähigkeit in der Haut genügend Kohlenhydrate, sagt Constanze Röhm, die sich für eine heubasierte Fütterung ausspricht. „Eine Unterversorgung kann nur bei zu kurz gehaltenen Pferden durch ein falsches Diätmanagement entstehen oder wenn täglich arbeitende Pferde über das Grobfutter zu wenig Energie erhalten“.
Viel häufiger sei ein Überschuss an Kohlenhydraten infolge einer Überschätzung der Arbeitsleistung zu verzeichnen. Neben Dickleibigkeit und im schlimmsten Fall Stoffwechselkrankheiten wie Hufrehe und dem Equinen Metabolischen Syndrom als Folge wirke sich ein Überangebot auch negativ auf die Haut aus. Denn: „Ein hoher Blutzuckerspiegel zieht vermehrt Stechinsekten an. Darunter leiden vor allem Pferde mit Sommerekzem, die allergisch auf Insektenstiche reagieren, sodass sich die Ekzemproblematik verschlimmert.“
Auch für Dr. Irgang ist Grobfutter am wichtigsten für die Pferdeernährung. Sie betont aber, dass die oben angegebenen Mindestmengen an Heu oder Heulage nur für Pferde ohne Weidegang gelten. „Grasen die Pferde zusätzlich, muss das Raufutter entsprechend reduziert werden, damit insbesondere leichtfuttrige Tiere nicht verfetten.“
Im Hinblick auf die Hautgesundheit sollte man außerdem darauf achten, dass keinephotosensibilisierenden Pflanzen wie Johanniskraut oder Buchweizen auf der Weide stehen, die Sonnenbrand und Mauke Vorschub leisten.
Krippenfutter brauchen dagegen nur Pferde, „die täglich über mindestens ein bis zwei Stunden in allen drei Gangarten gearbeitet werden“, stellt Dr. Irgang klar. „Zweimal die Woche mit dem Pferd ins Gelände zu schlendern ist nicht einmal leichte Arbeit, sondern gehört noch zum Erhaltungsbedarf.“
Zudem bringe Getreide der Haut keinerlei Vorteile, aber auch getreidefreie Müsli seien nicht pauschal gesund.
Diese sogenannten Struktur- oder Fasermüsli sind eigentlich für Pferde mit einem gestörten Kohlenhydratstoffwechsel wie PSSM oder Cushing gedacht. Seit einiger Zeit gibt es aber auch getreidefreie Müsli für Sportpferde etwa mit empfindlichem Magen. „Sie enthalten meist hochwertiges Eiweiß in Form von Luzerne und Pflanzenöle als Energielieferanten. Maßgebend sind aber Menge und Zusammensetzung dieser Komponenten“, sagt die Tierärztin und empfiehlt, die Deklaration diesbezüglich genau anzuschauen.
Gras und Heu sind für Julia Melanie Hahlweg ebenfalls elementar, weil sie der natürlichen Ernährung des Pferdes entsprechen. „In der freien Wildbahn fressen Pferde hauptsächlich Rohfaser plus gelegentlich ein paar Leckerli aus der Natur wie Früchte, Blätter oder Rinde von Bäumen oder Sträuchern. Darauf ist der equine Verdauungstrakt bis heute eingestellt.“
Der Wunsch vieler Pferdebesitzer, Abwechslung in diesen eintönigen Speiseplan zu bringen, sei zwar verständlich, aber der Verdauung nicht immer zuträglich. „Natürlich können Pferde auch mal etwas anderes fressen. Ständige Futterwechsel stören aber die Verdauung, weil sich die Darmmikroben auf die Futtermittel einstellen“, so die Tierheilpraktikerin.
Ebenso sei der Pferdedarm mit der Verdauung vieler Futterkomponenten gleichzeitig überfordert. Deshalb rät Hahlweg von Mischfutter als Krippenfutter für Sportpferde ab. „Die meisten Müsli sind zwar im Hinblick auf Aufstellung und Balance gut durchdacht. Das Aufschließen von 20 bis 30 verschiedenen Futterbestandteilen ist für den Darm aber nicht nur sehr anstrengend, sondern sie können auch in einem Verdauungsgang gar nicht ausreichend verstoffwechselt und dem jeweils angedachten Zielort wie etwa der Haut zugeführt werden“.
Stattdessen setzt sie auf ganzen Hafer als zusätzliche Energiequelle für Pferde, die täglich trainiert werden. „Die Spelzen haben eine regulierende Wirkung auf Kautätigkeit, Speichelproduktion sowie Darmmotorik. Überdies sind die kurzkettigen Kohlenhydrate des Hafers besonders gut verdaulich, sodass es dem Darm leicht fällt, weitere wertvolle Inhaltsstoffe des Hafers wie essentielle Aminosäuren und ungesättigte Fettsäuren umzusetzen, die auch der Haut zugutekommen“, begründet die Tierheilpraktikerin ihre Empfehlung und fügt hinzu: „So gefütterte Pferde brauchen eigentlich keine Bürste.
Das Fell glänzt und ist von einem dünnen Fettfilm umschlossen, sodass es zurückperlt, wenn man mit dem Daumen gegen den Strich fährt.“ Die hohe Verdaulichkeit und Verwertung des Hafers ist nicht verwunderlich, gehört dieses Getreide doch anders als beispielsweise Gerste oder Mais zur Pflanzengattung der Süßgräser und ist eigentlich Rispengras. So ist der heutige Hafer ursprünglich aus den Samen des Wiesenhafers gezüchtet worden.
Aminosäuren sind im Frischgras und im qualitativ hochwertigen Heu ausreichend vorhanden. „Ist die Heuqualität schlecht oder wird es mit Futterstroh gestreckt, stehen zu wenige Aminosäuren zur Verfügung. Das wird vor allem in diesem Frühjahr öfter der Fall sein, weil die Heuernte 2018 wegen der Dürre besonders knapp ausfiel und die Vorräte jetzt zur Neige gehen“, erläutert Dr. Irgang. „Durch Proteinmangel kommt es zu rauem, brüchigem Fell und Hautveränderungen wie Verhornung mit erhöhter Infektanfälligkeit“.
Gegensteuern lasse sich zum Beispiel mit Sojaextraktionsschrot oder Bierhefe. Auch Constanze Röhm hebt Aminosäuren als wichtigen Baustoff für Haut und Haare hervor, fordert aber eine Anpassung des Bedarfs an die genetische Varianz. „Pelzige Rassen mit viel Fell, großen Hautflächen und üppigem Kötenbehang wie beispielsweise TinkerPonys werden in der ernährungsspezifischen Fachliteratur schlichtweg ignoriert“, kritisiert sie.
„Keratin ist aber Eiweiß pur. Deshalb muss der Mehrbedarf von vorneherein eingeplant werden“.
Die ungesättigten Fettsäuren gelten als essentiell, also als solche, die der Körper benötigt, aber nicht selbstständig herstellen kann. Deshalb müssen sie über die Nahrung zugeführt werden. Da die im Dünndarm abgespaltenen Fettsäuren unter anderem in die Talgdrüsen wandern, halten sie die Haut geschmeidig, bringen Glanz ins Fell und können die Fellqualität verbessern. Im frischen Grün reichlich vorhanden, kann ein Mangel im Raufutter zu trockener und schuppiger Haut führen und den Fellwechsel verzögern. Defizite können durch Ölsaaten wie Leinsamen oder Leinöl ausgeglichen werden. Diese Futterzusätze enthalten besonders viele Omega-3-Fettsäuren.
Diese mehrfach ungesättigten Fettsäuren überwiegen auch im Gras, sodass man davon ausgehen kann, dass der equine Organismus vor allem auf die Aufnahme und Verwertung von Omega-3-Fettsäuren ausgerichtet ist. Zudem gelten diese als besonders wertvoll, da aus ihnen das entzündungshemmende Hormon Prostaglandin 3 gebildet wird.
Das klassische Futteröl für Pferde ist Leinöl mit einen hohem Omega-3 Gehalt von 53 Prozent. Nachteil: Leinöl enthält nur wenig Vitamin E, das die ungesättigten Fettsäuren vor der Oxidation, also vor dem ranzig werden schützt. Das kann auch negative Folgen für die verletzte Haut haben. „Fette erhöhen den pH-Wert der Haut. Da Wunden einen relativ niedrigen pH- Wert haben, würde eine zusätzliche Ölfütterung das Problem vergrößern und nicht verkleinern, weil dadurch die Blutgerinnung und Granulation gestört und die Wundheilung gehemmt wird. Die Haut wird sozusagen ‚ranzig‘, wenn dem Öl keine Antioxidantien wie etwa Traubenkernextrakt hinzugefügt werden“, verdeutlicht Constanze Röhm.
Vitamine und Mineralien
Eine weitere Wirkung von Vitamin E ist der Schutz vor Entzündungen, indem es sogenannte „Freie Radikale“ inaktiviert. „Vitamin A erfüllt seine wichtigsten Funktionen im Schutz der äußeren Zellschichten von Haut und Schleimhäuten. Defizite machen sich durch stumpfes Fell und verminderte Schleimhautsekretion bemerkbar“, so Dr. Irgang. Beide fettlöslichen Vitamine sind sowohl im Frischgras als auch im Heu genügend enthalten.
Da sie sich aber im Laufe des Winters abbauen, sind spätestens ab Dezember Futterergänzungen zum Heu sinnvoll. „Beta-Karotin, das Provitamin A, kann durch die Zufütterung von Möhren, Vitamin E durch Grünmehle oder Pflanzenöle mit einem hohen Vitamin E-Gehalt wie zum Beispiel Sonnenblumenöl oder durch ein vitaminisiertes Mineralfutter zugeführt werden“, schlägt die Tierärztin vor. Eine zusätzliche Supplementierung wasserlöslicher Vitamine der B-Gruppe wie Biotin macht dagegen nur bei Verdauungsstörungen wie beispielsweise Durchfall oder nach Antibiotikagaben Sinn.
Auch die bedarfsgerechte Versorgung mit Mineralien ist mit dem Grobfutter und etwaigen Futterzusätzen abzustimmen. Da sowohl Heu als auch Getreide generell zu wenige Spurenelemente enthalten, rät Dr. Irgang zu einem Komplettmineralfutter. „Füttert man dagegen Heu und Müsli, muss man schauen, welches Mineralfutter dazu passt, um Unter- oder Überversorgung zu vermeiden“. Zinkmangel zeige sich in einer borkigen Haut mit erhöhter Neigung zu Infektionen.
Bei Kupferdefizit komme es zu Pigmentstörungen von Haut und Deckhaar, was sich bei extremen, aber seltenen Mangelzuständen in einer sogenannten „Kupferbrille“ mit Aufhellungen um die Augen äußert.
Zu wenig, aber auch zu viel Selen führe zu Wachstumsstörungen von Fell und Langhaar. „Während Imbalancen bei Kupfer und Selen im Blutbild zu sehen sind, hat der Zinkgehalt im Blut kaum Aussagekraft“, erklärt die Tierärztin. „Die bedarfsgerechte Zinkversorgung eines Pferdes kann besser durch eine Rationsberechnung überprüft werden“. Da die Toleranz des Pferdes gegenüber Selen sehr gering ist, sind Überschüsse dieses Spurenelements unbedingt zu vermeiden. „Füttert man beispielsweise zu Heu, Müsli und Mineralfutter noch einen weiteren Futterzusatz wie etwa ein Ergänzungsfutter für gesunde Hufe und schönes Fell, kann das schnell zu viel werden und zu Vergiftungserscheinungen führen“, warnt Dr. Irgang.
„Das Selen lagert sich dann in den Keratinstrukturen ein und verursacht unter anderem den Verlust von Mähnen- und Schweifhaaren“. Sie verweist deshalb auf die Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährungsphysiologie der Haustiere, nach denen beispielsweise ein 500 Kilo schweres Pferd im Erhaltungszustand maximal 1,05 Milligramm Selen pro Tag erhalten darf. Bei Sportpferden desselben Gewichts und leichter bis mittlerer Arbeitsleistung darf die Tagesdosis von 2,0 Milligramm Selen nicht überschritten werden. Ist man sich hinsichtlich der Selenzufuhr unsicher, empfiehlt die Tierärztin, eine professionelle Rationsberechnung erstellen zu lassen.
Auch Constanze Röhm warnt explizit vor zu viel Selen, das schnell toxisch wirke und genau dosiert werden müsse. Obwohl Mauke hauptsächlich durch Hygienemängel ausgelöst wird, mache auch fehlender Zink die Haut empfänglicher für Fesselekzeme. Ihr Rat: „Zweimal im Jahr eine Analyse des Raufutters durchführen lassen und auf deren Grundlage etwaige Mängel durch passende Futterergänzungen wie Mineralfutter ausgleichen.“
Anders als Dr. Irgang, die sich für organisch gebundene Spurenelemente im Mineral-futter ausspricht, spielt die Darreichungsform für die Futterberaterin keine Rolle. „Zahlreiche Studien belegen, dass die Bioverfügbarkeit vieler organisch gebundener Spurenelemente kaum höher ist als bei anorganischen und beide Formen in etwa gleich verarbeitet werden“, berichtet Röhm.
„Übrigens werden auch organisch gebundene Spurenelemente wie Phalate und Chelate künstlich hergestellt.“ Bei den Mengenelementen sei neben Kalzium vor allem Natrium oft im Mangel. „Natrium ist für die Säuren-Basen-Balance im Hautstoffwechsel wichtig. Bei einer Unterversorgung kommt es aufgrund der erhöhten Basen zunächst zu trockener, schuppiger Haut, später auch zu Ödembildung“, erläutert Constanze Röhm und stellt klar, dass der Natriumgehalt in allen Futtermitteln einschließlich Mineralfutter sehr niedrig ist.
„Der Gehalt dieses Mengenelements im Grobfutter ist fern der Küsten etwa südlich einer Linie Frankfurt/Main und in Industriegebieten besonders niedrig, sodass auch ein frei zugänglicher Salzleckstein oft nicht ausreicht und im Zweifel Viehsalz kontrolliert zugefüttert werden sollte.“ Durch entsprechendes Düngen könne das Grobfutter aber hochwertiger, das heißt natriumreicher werden. „Der Pflanzenaufwuchs verbessert sich und das Gras bekommt wieder eine dunkelgrüne Farbe.“ Allerdings müsse für eine effektive Düngung die Wetterlage stimmen, wie Röhm betont. „Der Dünger muss zwar ausreichend einregnen, um seine Wirkung zu entfalten. Zu viel Niederschlag schadet aber auch, weil der Dünger dann vorzeitig ausgewaschen wird“.
Auch die Tierheilpraktikerin hält eine zusätzliche Zufuhr von Mineralien bei den heutigen ausgelaugten Böden und kräuterarmen Weiden und Heuwiesen für unbedingt erforderlich. Bei auftauchenden Hautproblemen müsse aber jedes Pferd individuell betrachtet werden.
Ein Beispiel: „Wenn ein ansonsten gesundes, das heißt nicht stoffwechselkrankes Pferd bereits mit neun oder zehn Jahren nicht mehr richtig durchfellt, schuppige Haut hat und ständig wie ein gerupftes Huhn aussieht, obwohl es dasselbe Futter wie seine Art-genossen erhält, gut frisst, trinkt und äppelt sowie spezielle Supplemente nur kurzfristig fruchten, kann das ein Hinweis darauf sein, dass sein Darm die zugeführten Nährstoffe nicht vollständig aufschlüsselt“, veranschaulicht Julia Melanie Hahlweg. „Futter- oder Blutanalysen reichen dann nicht aus, um die Ursache zu finden. Hier kann nur eine klassische Haaranalyse im Labor weiterhelfen, die den Mineralgehalt des letzten halbes Jahres darstellt und zeigt, ob Mängel oder Überschüsse vorliegen oder nicht“, so Hahlweg weiter.
Verschleppte Infektionen, Schmerzen und Stress
Wird man nicht fündig, stecken meist nicht futterbedingte Gründe dahinter. „Die Erfahrungen in meiner Praxis zeigen, dass chronische Hautprobleme häufig auf verschleppte Infektionen durch Bronchitiden, Phlegmonen oder bakterielle Sekundär-infektionen zum Beispiel nach einer Influenza zurückzuführen sind, die sich oft über Monate oder Jahre im Tier ausgebreitet haben und sich dann deutlich auf Haut und Fell zeigen“, berichtet die Tierheilpraktikerin. „Sie sind als Krankheit zwar nicht mehr spruchreif und verursachen keine Beschwerden mehr, führen aber immer wieder zu Symptomen auf der Haut oder im Haarkleid, die das Wohlbefinden beeinträchtigen. Das ist über das Futter nicht zu heilen. Welche Therapie hilft, ist von Fall zu Fall verschieden und muss individuell herausgefunden werden. Das reicht von Akupunktur über Phytotherapie bis zur klassischen Homöopathie.“
Bei plötzlich auftretenden Veränderungen spiele dagegen die Psyche eine wesentliche Rolle. „Hat ein Pferd beispielsweise Schmerzen, wird das Fell innerhalb kurzer Zeit stumpf und struppig, obwohl das Hautorgan selbst nicht krank und die Fütterung ideal ist. Ursache ist vielmehr die veränderte Lebenssituation, die das Pferd belastet.
Das kann auch durch weniger gravierende Gründe wie etwa eine Zyklusstörung bei Stuten ausgelöst werden“, so Hahlweg. Auch Stress durch radikale Haltungsumstellungen kann sich kurzfristig in einem schlechten Hautbild und glanzlosem Fell widerspiegeln. „Das fällt besonders auf, wenn Jungpferde aus einer Aufzuchtstätte mit viel Platz und jeder Menge Artgenossen von hier auf jetzt einzeln in der Box aufgestallt werden“, fährt Hahlweg fort.
Aber auch umgekehrt: „Wurde ein rangniederes Pferd jahrelang in der Paddockbox mit stundenweisen Gemeinschaftsauslauf gehalten und kommt nun in einen Offenstall ohne gewohnten Rückzugsort, fällt ihm die Umstellung schwerer und es steht unter Sozial-stress, weil es sich nicht durchsetzen kann.“
Text: Dr. Birgit van Damsen, Foto: Christiane Slawik