Stoffwechselerkrankungen der Pferde

Wenn der Organismus-Motor stottert …
Normalerweise sind die im Organismus ablaufenden biochemischen Vorgänge, die man als Stoffwechsel bezeichnet, perfekt aufeinander abgestimmt. Allerdings reagieren sie auch empfindlich auf Störungen, deren Ursache innerhalb des Organismus liegen, aber auch von außen auf ihn einwirken kann – oder es kommen innere und äußere Einflüsse zusammen. Das hat natürlich auch Auswirkungen auf Therapie und Prognose, denn nicht jedes Übel lässt sich tatsächlich durchgreifend an der Wurzel packen.
Besonders deutlich wird dies, sieht man sich exemplarisch die beiden häufigsten Stoffwechselerkrankungen unserer Pferde an: das Equine Metabolische Syndrom und das Equine Cushing Syndrom. Bei beiden Erkrankungen, die fatalerweise auch gemeinsam auftreten können, liegt eine Störung des Zucker- bzw. Energiehaushaltes vor – mit tiefgreifenden Folgen für den vierbeinigen Patienten.
Equines Metabolisches Syndrom (EMS)
Beim Equinen Metabolischen Syndrom – dem Auftreten mehrerer, bestimmter Symptome gleichzeitig bei unseren Pferden, denen ein Problem des Stoffwechsels zugrunde liegt – handelt es sich um eine Stoffwechselstörung, beruhend auf einem Ungleichgewicht zwischen Energieaufnahme und -verwertung. In der Bezeichnung deutet sich eine Parallele zu einer typischen Wohlstandskrankheit des Menschen an, dem Metabolischen Syndrom.
Betroffene Zweibeiner leiden dabei unter einen typischen Zusammentreffen mehrerer Risikofaktoren: Störungen im Fettstoffwechsel, im Kohlenhydratstoffwechsel, Übergewicht und Bluthochdruck. Bei vierbeinigen Patienten führt Überfütterung verbunden mit Bewegungsmangel zu einer Entgleisung des Insulinhaushaltes (Insulindysregulation). Ob Zwei- oder Vierbeiner: Der Stoffwechselentgleisung liegt immer ein Ungleichgewicht zwischen Energiezufuhr über leichtverdauliche Kohlenhydrate und dem tatsächlichen Energiebedarf zugrunde. Es wird einfach ständig mehr gefüttert oder gefuttert als wirklich benötigt wird.
Zucker, Insulin und das Drumherum
Ganz kurz zur Steuerung des Zuckerstoffwechsels: Eine Untergruppe der Kohlenhydrate, die Monosaccharide, sind als wesentliche Energieträger die Elemente, auf die der Organismus zur Bereitstellung von „Benzin“ für seinen „Motor“ zurückgreift. Zu den Monosacchariden oder Einfachzuckern gehört das, was wir der Einfachheit halber als „Zucker“ bezeichnen, nämlich die Glukose, aber auch andere Vertreter wie etwa die Fruktose (Fruchtzucker).
Eine wichtige Aufgabe in der Steuerung des Zuckerhaushalts besteht darin, den Blutzuckerspiegel unabhängig von der Aufnahme ebenso wie vom Verbrauch von Kohlenhydraten immer stabil zu halten. Die Stellschraube dazu ist die Aufnahme und Freisetzung von Glykogen, der Speicherform der Einfachzucker. Aktuell nicht benötigte Einfachzucker werden in das Polysaccharid (Mehrfachzucker) Glykogen umgewandelt, der in der Muskulatur und in der Leber gelagert wird. Wird wieder mehr Glukose benötigt, kann Glykogen freigesetzt und umgebaut werden.
Dieses Gleichgewicht wird von zwei Hormonen geregelt, Insulin und Glukagon. Vereinfacht gesagt, haben sie genau entgegengesetzte Funktionen: Unter der Wirkung von Glukagon wird Glykogen vermehrt in Glukose aufgespalten und der Blutzuckerspiegel nach oben reguliert, Insulin hingegen fördert die Entfernung von Glukose aus dem Blut und die Speicherung in Form von Glykogen, also die Regelung des Blutzuckerspiegels nach unten. Damit die Balance ständig erhalten bleibt, müssen diese beiden Hormone genau und in Abstimmung arbeiten.
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Text und Foto: Angelika Schmelzer