Allopathie oder Alternativmedizin?

Die Pferdeszene ist so einiges an (oft unsinnigen, dafür aber hitzigen) Diskussionen gewohnt: Freizeitreiter versus Turnierreiter, Reiten mit Gebiss versus gebissloses Reiten, Verfechter der Offenstallhaltung versus Freunde der Boxenhaltung. Wenn es um die Gesundheit unserer Pferde geht, wird besonders engagiert diskutiert, und so verwundert es nicht, dass es zwischen Anhängern zweier (scheinbar) unvereinbarer Richtungen der medizinischen Versorgung besonders häufig ordentlich kracht: Allopathie oder Alternativmedizin.

Öl ins Feuer hat dabei unlängst die neue GOT (Gebührenordnung für Tierärzte) gegossen. Die Gebührenerhöhung hat sicher auch dazu beigetragen, dass die sogenannte Schulmedizin verstärkt in Frage gestellt und Hilfe vermehrt woanders gesucht wird. Streiten lässt sich hervorragend auch ohne Fakten, wer aber informierte Entscheidungen im Sinne seines Pferdes treffen will, braucht dazu Hintergrundwissen – mehr Daten und Fakten, weniger Glauben und Vermuten als Grundlage, das tut jeder Entscheidung gut. Wagen wir eine unvoreingenommene Annäherung an ein wirklich heißes Eisen und beginnen mit dem Versuch, zunächst festzustellen, worum es überhaupt geht. Das ist schwerer als gedacht, werden doch unterschiedliche Begriffe eingesetzt und dabei nur selten trennscharf definiert.

Was ist eigentlich„Allopathie“?
Ganz frei von jeder Wertung versteht sich die Allopathie als die naturwissenschaftliche Form von Medizin, die an Universitäten gelehrt wird und wissenschaftlich anerkannt ist. Andere Bezeichnungen sind „Schulmedizin“ oder „Hochschulmedizin“. Der Begriff der „Schulmedizin“ ist allerdings eher umstritten, da er auch antisemitisch konnotiert gebraucht wurde und wird und abwertend belegt ist. Als eher neue Strömung oder Entwicklungsrichtung der Hochschulmedizin versteht sich die „Evidenzbasierte Medizin“, die den Anspruch stellt, Behandlungen durchgängig auf Grundlage empirisch nachgewiesener Wirksamkeit durchzuführen.

Was versteht man unter„Alternativmedizin“?
Dieser Begriff bezeichnet ein Sammelbecken für sehr unterschiedliche diagnostische und vor allem therapeutische Maßnahmen, „Alternativmedizin“ ist also im Grunde alles, was nicht „Allopathie“ ist. Gemeint ist damit „alternative Form von Medizin“ oder „Alternative zur Allopathie“, nicht etwa „Alternative zur Medizin“. Neben dem Begriff der „Alternativmedizin“ hat sich auch die Bezeichnung „Komplementärmedizin“ eingebürgert, der den in der Praxis oft ergänzenden (zusätzlich zur Allopathie eingesetzt) Aspekt dieser Methoden widerspiegelt.

Geht’s ein bisschen genauer?
Entweder – oder? Sowohl – als auch? In der Praxis sieht man beides. Von manchen Patienten(-besitzern) wird mal die Allopathie, mal die Komplementärmedizin abgelehnt und nur Hilfe bei einer der beiden Kategorien gesucht, andere sehen Schnittmengen und entscheiden von Fall zu Fall oder setzen Elemente aus beiden Richtungen einander ergänzend ein.
So unvereinbar diese beiden Lager oft scheinen, es eint sie die Sorge ums Pferd: Ob Verfechter der Allopathie oder Anhänger der Komplementärmedizin, die Entscheidung für oder wider wird aus der Überzeugung getroffen, damit dem Pferd die bessere medizinische Versorgung zu sichern, es nachhaltig zu heilen und vor Schäden zu schützen.
Wer auf Allopathie setzt, sich an wissenschaftlich erwiesenen Fakten orientiert, vertraut vor allem Tierärzten, sowohl bezüglich der diagnostischen Maßnahmen als auch bei Behandlung oder Vorsorge. Damit ist ein direkter Bezug zur Lehre an Universitäten hergestellt und die Diagnose und Behandlung unserer Pferde wird in die Hände studierter Fachleute gelegt. Basis sind Erkenntnisse der Naturwissenschaften, die nie für sich stehen, sondern in ihrer Gesamtheit ein stimmiges, aufeinander aufbauendes Konstrukt an Fakten bilden. Damit gründet die Allopathie auf Ergebnissen wissenschaftlicher Forschung, die logisch erklärbar und jederzeit reproduzierbar sind. Aus dieser naturwissenschaftlichen Perspektive heraus wird auch die Komplementärmedizin betrachtet. Im Ergebnis halten deren verschiedene Teilbereiche einer solchen Überprüfung überwiegend nicht stand. Diagnoseverfahren ohne naturwissenschaftliche Basis oder Behandlungen, deren Erfolge nicht über den Placeboeffekt hinausgehen, sind deshalb nicht eigentlicher Teil der Allopathie. Aus Sicht der Allopathie handelt es sich bei der Komplementärmedizin strenggenommen nicht um „Medizin“ im eigentlichen Wortsinn und bei deren Grundlagen um Überzeugungen oder Glauben und nicht um Wissen.
Bei den Freunden der Alternativmedizin ist es genau umgekehrt: Sie vertrauen eher Tierheilpraktikern als Tierärzten, lehnen die Allopathie ab oder greifen nur bei sehr schwerwiegenden Erkrankungen oder Verletzungen darauf zurück. Die medizinische Versorgung der Pferde wird Menschen mit sehr unterschiedlicher und oft schlecht einzuschätzender Ausbildung anvertraut, da eine staatliche Regelung mit vorgeschriebenen Inhalten und Qualifikationen in diesem Bereich fehlt. Die Komplementärmedizin ist ein Sammelbecken sehr unterschiedlicher Diagnosetechniken und Therapieformen teils ohne Schnittmengen und ohne wirkliche gemein-same Basis. Ein Bezug zur Naturwissenschaft im Sinne der Allopathie fehlt weitgehend. Wissenschaftliche Untersuchungen, Belege und Statistiken treten hinter anderen Grundlagen zurück: Es bestehen Bezüge zu den Lehren historischer Personen (z.B. Hildegard von Bingen), zu volksmedizinischen Traditionen auch aus anderen Weltregionen (z. B. TCM), es werden von einzelnen Vertretern entwickelte Diagnose- und Behandlungsformen (z. B. Homöopathie) eingesetzt. Basis der Anwendung ist nicht die wissenschaftliche Testung, sondern die persönliche Erfahrung des Anwenders. Aus der Perspektive der Alternativmedizin sind die eigenen Ansätze ganzheitlicher Natur, regen die Selbstheilungskräfte an und belasten den Patientenorganismus nicht mit schädlichen Substanzen.
Allerdings geht es hier um mehr als eine Frage der Bevorzugung bestimmter Diagnoseverfahren oder Medikamente: Im Bereich der Komplementärmedizin wird oft auch eine völlig andere Vorstellung von der Entstehung von Gesundheitsstörungen vertreten, von ihren Ursachen, Symptomen und dann folgerichtig auch vom korrekten Weg zu ihrer Behebung als im Bereich der Allopathie. So wird etwa das Sommerekzem von der Allopathie als auch genetisch bedingte Allergie angesehen und entsprechend behandelt, während es in der Komplementärmedizin oft als Ausleitungsstörung, Reaktion auf Umweltgifte oder Folge eines Fütterungsdefizits betrachtet wird – was im Gegensatz zu zahlreichen wissenschaftlichen Untersuchungen steht. Ein weiteres Beispiel ist die Kotwasserproblematik, von der Alternativmedizin als untrügliches Anzeichen einer Übersäuerung oft aufgrund von Heulagefütterung angesehen, von der Allopathie inzwischen als vor allem durch anhaltenden Stress verursachtes Symptom betrachtet, und dies auf Grundlage einer entsprechenden Untersuchung, die zudem Silage als Ursache gänzlich aus-schließen konnte. Für viele Krankheitsbilder existieren solche unterschiedlichen Modelle Seite an Seite. Die Argumente erfolgen jeweils aus dem eigenen Weltbild heraus und diese beiden Sichtweisen sind im Grunde unvereinbar.
Aber da ist noch ein Aspekt, der bei all den hitzigen Diskussionen nicht vergessen werden darf: der Tierschutz. Ein krankes Pferd muss vor Schmerzen, Leiden oder Schäden bewahrt, ein gesundes bestmöglich durch wirksame Vorsorgemaßnahmen geschützt werden. Persönliche Überzeugungen spielen dann keine Rolle, wenn es um das Wohl unserer Pferde geht.
Grundsätzlich muss zudem festgehalten werden: Die Medizin als Teil der Naturwissenschaften bleibt nicht stehen, sondern entwickelt sich fortwährend weiter. Der naturwissenschaftliche Blick sowohl auf die Allopathie als auch auf die Komplementärmedizin erfolgt natürlich auf Grundlage des aktuellen Wissenstandes – da kann sich noch einiges ändern! Der Diskussion zwischen beiden Lagern tut es außerdem gut, wenn nicht etwaige (vermeintliche) Verfehlungen, Versäumnisse oder Auswüchse auf der jeweils anderen Seite dazu hergenommen werden, deren ganze Herangehensweise grundsätzlich in Frage zu stellen. Bei der Betrachtung beider Ansätze muss zudem vorausgesetzt sein, dass auf der jeweiligen Grundlage auch fachmännisch vorgegangen wurde, also nicht
individuelle Fehler des Behandlers mit deren etwaigen Folgen dazu führen, die Methode an sich in Frage zu stellen.
Alles nicht so einfach…

Was gehört zur Komplementärmedizin?
Es kommt so ein bisschen darauf an, wen man fragt… Im Grunde gehört in diese Kategorie alles, was nicht Allopathie ist und nicht Allopathie ist eben alles, was keine wissenschaftliche erwiesene Wirksamkeit hat. Damit ist die Komplementärmedizin ein Sammelbecken sehr unterschiedlicher Formen von Medikation und anderen Therapieansätzen, mit einigen wenigen Schnittmengen zur Allopathie. Lässt man die Humanmedizin einmal außen vor und betrachtet alleine Anteile der Komplementärmedizin, die auch beim Pferd häufig zur Anwendung kommen, sind es vor allen diese:
• Akupunktur als Teil der TCM,
• Aromatherapie, Farbtherapie,
• Eigenbluttherapie,
• Schüßler-Salze,
• Bachblüten,
• Homöopathie,
• Reiki/energetisches Heilen und
• Phytotherapie.
Auch Osteopathie und Chiropraktik werden diesem Bereich zugeordnet.
Unter den komplementärmedizinischen Diagnoseverfahren werden beim Pferd beispielsweise bestimmte Formen der Haaranalyse eingesetzt.

Wirkt es, wirkt es nicht?
Ein zentraler Streitpunkt ist sicher die postulierte Wirksamkeit komplementärmedizinischer Behandlungen wie etwa Homöopathie, Schüßler-Salze oder Bachblüten. Die Allopathie sagt dazu: Es gibt hier zahlreiche Studien und die belegen, dass sich keine Wirkung über den Placeboeffekt hinaus feststellen lässt. Die Komplementärmedizin entgegnet: Wir wenden diese Medikamente aber an und können eine Wirkung durchaus feststellen. Und beide haben Recht. Wie kann das sein?
Dazu muss man sich genauer ansehen, wie wissenschaftliche Studien etwa zur Wirkung von Medikamenten aussehen und was das mit dem Alltag zu tun hat. Hier treffen nämlich völlig unterschiedliche Wirksamkeitsnachweise aufeinander: Während die eine Seite streng wissenschaftlich vorgeht (evidenzbasiert), vertraut die andere auf Überlieferungen und eigene Erfahrungen (anekdotisch). Allerdings sind diese Herangehensweisen nicht so unvereinbar, wie es scheint: Auch in der Allopathie forscht man intensiv auf Grundlage von Traditionen, Überlieferungen oder Einzelbeobachtungen und arbeitet daran, die Aussagekraft dieser Hinweise wissenschaftlich zu überprüfen. Beobachten lässt sich dies vor allem im Bereich der Phytotherapie: Nicht nur im Regenwald, der „Apotheke der Menschheit“, versucht man neue Medikamente auf Pflanzenbasis zu entwickeln, wobei medizinische Traditionen der hier lebenden Völker oft Ausgangspunkt dieser Forschungen sind.

Wie laufen wissenschaftliche Untersuchungen ab?
„Koinzidenz ist nicht gleich Korrelation“ könnte das Motto der evidenzbasierten Medizin lauten. Nur, weil zwei Ereignisse zeitlich gekoppelt auftreten, lässt sich daraus kein Zusammenhang herstellen. Wenn also im Nachbarort eine Maus niest und im Nebenhaus eine Wand einstürzt, muss das keinen Zusammenhang haben. Wenn ein krankes Pferd gesund wird, unmittelbar nachdem es ein bestimmtes Medikament erhalten hat, auch nicht. Aber es KÖNNTE einen Zusammenhang geben. Dies wird mit den Mitteln der Statistik genauer angeschaut, um eine solche Korrelation zu beweisen oder ausschließen zu können. Wenn nämlich viele kranke Pferde nach einer Medikamentengabe gesund werden, ist dies ein deutlicher Hinweis darauf, dass hier ein wirksames Mittel gefunden wurde.

Wie genau wird da vorgegangen?
Basis einer wissenschaftlichen Studie ist eine Hypothese, die es zu belegen oder zu widerlegen gilt. Diese Hypothese ist selbst bereits Teil der naturwissenschaft-lichen Herangehensweise und unterliegt deshalb einer gewissen Auswahl – es wird also nicht ernsthaft geschaut, ob die niesende Maus die Hauswand zum Einsturz gebracht haben könnte. Die Fragestellungen sind sehr konkret und betrachten oft Teilbereiche. So kann etwa zu einem bestimmten Wirkstoff nicht nur untersucht werden, ob er sich positiv auf Pferde auswirkt, die an einer bestimmten Erkrankung leiden, sondern es wird auch nach Nebenwirkungen geschaut, nach längerfristigen Effekten weit über den Behandlungszeitraum hinaus, nach möglicherweise unterschiedlichen Wirkungen bei verschiedenen Gruppen (Alter, Geschlecht, Rasse,…) von Pferden, nach Gemeinsamkeiten von und Unterschieden zu anderen Methoden, nach Effekten bei der Kombination mit anderen Behandlungen. Immer geht es um die Frage „Was passiert, wenn dieses Medikament verabreicht wird, diese Behandlungsmethode angewendet wird?“ im Vergleich zum Nichtstun und im Vergleich zu einer Handlung am Pferd, die genauso abläuft, aber von der kein therapeutischer Effekt ausgeht. Diese Unterscheidungen sind wichtig, um zum einen Zufälle, zum anderen den Placeboeffekt auszuschließen. Was heißt das?
Betrachtet man ein einzelnes Pferd, besteht immer die Möglichkeit, dass sich im Zeitraum einer Studie ohne jede
Einwirkung von außen sein Zustand verändert, es also beispielsweise weitere Symptome entwickelt, von alleine gesundet oder plötzlich verstirbt. Veränderungen können also auch beim Nichtstun entstehen, Zufall sein. Und man weiß zudem um den Placeboeffekt: Nicht nur Substanzen, sondern auch Behandlungen und sogar Operationen können trotz erwiesener Unwirksamkeit einen Effekt entfalten, dessen Auftreten noch nicht abschließend geklärt ist, der aber auch bei Tieren nachgewiesen wurde. Im Vergleich zum Nichtstun treten bei Scheinbehandlungen oder -verabreichungen nicht-zufällige Folgen auf, die im Falle eines Placebos positiv sind: Das Pferd bekommt zwar keinen Wirkstoff verabreicht, sondern nur ein Scheinmedikament, es geht ihm aber trotzdem besser.
In wissenschaftlichen Studien muss die Wirksamkeit einer Therapie doppelt bewiesen werden: im Vergleich mit dem Nichtstun und im Vergleich mit einem Placebo. Doch solche Untersuchungen müssen noch viele weitere Bedingungen erfüllen, um als Grundlage für Behandlungen allgemein anerkannt zu werden, beispielsweise:
• Die Stichprobe muss ausreichend umfangreich sein, es muss also eine größere Gruppe von Pferden untersucht werden,
• es sollte methodisch ein hohes Maß an Verblindung eingesetzt werden, um ein Ergebnis zu erhalten, das möglichst frei etwa vom Einfluss von Erwartungen ist,
• Ergebnisse einer Studie müssen reproduzierbar sein, also bei einer Wiederholung etwa durch andere Forscher dieselben Effekte eines Medikaments oder einer Behandlung zeigen,
• die Studien werden nach vorheriger Begutachtung durch unabhängige Fachleute veröffentlicht, wobei eine solche Begutachtung ebenfalls möglichst verblindet durchgeführt wird.

Was versteht man unter einer „Verblindung“?

Den Begriff einer „Blindstudie“ oder „Doppelblindstudie“ kennen wir. Studien werden in mehrfacher Hinsicht verblindet durchgeführt und begutachtet, um bestimmte Erwartungen oder Verhaltensweisen mit Einfluss auf das Ergebnis auszuschließen. So erhält etwa eine Gruppe Probanden das zu untersuchende Medikament, den Wirkstoff (Verum), eine andere Gruppe ein Scheinmedikament (Kontrollpräparat, Placebo). Weiß der Patient nicht, ob er ein Medikament oder ein Placebo erhält, ist er „blind“. Oft sind auch die an der Studie beteiligten Personen „blind“, wenn etwa der Verabreicher nicht weiß, ob er ein Medikament oder ein Placebo gibt. Und bei der Begutachtung ist ein gewisses Maß an „Blindheit“ ebenfalls gut für die unabhängige Wissenschaft, indem der Gutachter nicht weiß, wer die Studie durchgeführt hat und so etwa eigene Vorurteile positiver wie negativer Art nicht in seine Bewertung einfließen.
Die Allopathie hält an dieser belastbaren, wissenschaftlichen Art einer Bewertung von Arzneien und anderen Therapieformen fest und ordnet auf Grundlage zahlreicher Studien deshalb etwa die Homöopathie als nicht über den Placeboeffekt hinaus wirksam ein – was selbstverständlich nicht heißt, dass sie UNwirksam ist! Überhaupt werden inzwischen auch versöhnliche Töne angeschlagen und man beginnt von Seiten der Wissenschaft, die Komplementärmedizin mit anderen Augen zu betrachten. Wer etwa Globuli als medizinisch unwirksame Zuckerkügelchen abtut, muss inzwischen eingestehen, dass bei einer Verabreichung der Organismus auch nicht mit den oft auch negativen Folgen einer chemischen Substanz zurechtkommen muss – was (vermutlich) nicht wirkt, hat auch keine Nebenwirkungen und schadet deshalb nicht. Eine weitere wichtige Rolle spielen Aufwand und Zeit: Der Behandler geht mit viel Hingabe auf den Patienten(-besitzer) ein, sieht nicht nur dessen Symptome, sondern erfasst ihn ganzheitlich. Diagnosetechniken sind oft aufwändig und zeitraubend, ebenso wie die Suche nach dem idealen Medikament. Der Patient erfährt so viel Wertschätzung und Fürsorge, was unbestritten heilsam wirkt. In der modernen Allopathie hingegen fehlt oft schlicht die Zeit dafür und bei häufig wechselnden Behandlern entsteht auch keine persönliche Bindung, die das Vertrauen in die Behandlung und damit den Erfolg fördert. Auch hier punktet ganz klar die Komplementärmedizin, selbst aus Sicht der Allopathie! Und schließlich ist gerade der Aspekt der so häufig vorgenommenen Selbstbehandlung ebenfalls auch positiv zu sehen: Der Patient oder Patientenbesitzer erlebt sich als selbstwirksam auf eine Weise, wie es in der Allopathie nicht möglich ist. Wer selbst die passende Behandlung, das ideale Medikament sucht, findet und anwendet, trägt damit aktiv(er) zur eigenen Heilung bei. Mit der Anerkennung dieser und weiterer Vorteile tritt man nun immer mehr in einen – hoffentlich – fruchtbaren Dialog ein. Ob Allopathie oder Komplementär-medizin – es geht uns allen um das Wohl unserer Pferde und um Entscheidungen, die sie in den Mittelpunkt stellen. Wer heilt, hat am Ende immer Recht…

Text und Fotos: Angelika Schmelzer