Fit & vital mit Uta Gräf – Ausnahmeerscheinung in der Reitsportszene

„Reiten muss Spaß machen – auch den Pferden!“

Uta Gräf ist eine Ausnahmeerscheinung in der Reitsportszene. Die sympathische Pfälzerin mit dem ansteckenden Lachen fällt nicht nur durch ihre reiter-lichen Erfolge auf höchstem internationalen Niveau auf (Grand Prix und Kür, B-Kader, Deutsche Meisterschaft der Berufsreiter etc.), sondern durch die Art, wie ihre Pferde gehen. Ausgeglichen sind sie und ausgesprochen zufrieden, rittig und locker. Die Arbeit scheint auch ihnen Spaß zu machen, und dafür tut Uta Gräf einiges: Sie verbindet Hochleistungssport mit artgerechter Haltung.

Frau Gräf, in Ihren Büchern, den Videos, vor allem aber in der täglichen Arbeit, wie Sie sie auch auf Ihren Kursen vermitteln, ist stets die Freude am Pferd und die Begeisterung am (Dressur-)Reiten zu spüren. Auch Ihre Pferde wirken ausgesprochen motiviert. Wie erreichen Sie das?
Zum einen durch eine möglichst artgerechte Haltung, denn diese spielt eine große Rolle für die Gesundheit und auch fürs Reiten. Ich bin sehr dafür, dass auch Turnierpferde möglichst jeden Tag rauskommen, am besten zusammen mit anderen. Unsere Wallache sind täglich draußen, in einer großen Herde von derzeit 35 Pferden, getrennt von den Stuten. Abgesehen von den positiven körperlichen Auswirkungen sind die Pferde wesentlich ausgeglichener und haben eine gute Grundkondition. Auch Leistungseinbußen durch das viele Draußen sein habe ich bei unseren gehfreudigen Pferden nie feststellen können. Im Sommer gibt es ausschließlich Gras, im
Winter ganztägig Raufutter.

Die Haltung ist es aber nicht allein…
Richtig, man muss den Pferden auch die Freude an der Arbeit erhalten. Die Motivation erarbeite und erhalte ich mir, indem ich individuell auf das Pferd eingehe – auf seine körperlichen Voraussetzungen, seinen Charakter und seine aktuelle Befindlichkeit. Das geschieht jeden Tag aufs Neue. Das Pferd bestimmt, wie weit es kommt und wie schnell das geht. Daher sollte man als Reiter nicht so viel Erwartungsdruck aufbauen. Man muss dem Pferd Zeit lassen zu reifen und seine Persönlichkeit zu entwickeln. Außerdem sollte man für Abwechslung sorgen. Ich trainiere meine Pferde im Durchschnitt viermal die Woche. Die übrigen Tage machen sie etwas anderes: gehen ins Gelände, arbeiten an der Hand oder werden longiert. Und außerhalb der Arbeit dürfen sie einfach Pferd sein.

Welchen Tipp würden Sie grundsätzlich geben?
Man sollte seine Ansprüche dem Pferd anpassen. Sonst entstehen nicht nur Frust, sondern häufig auch gesundheitliche Probleme. Mir fällt immer wieder auf, dass Leute Pferde kaufen und dabei von Anfang an sagen: „Wenn ich dies oder das noch hinbekomme, dann bin ich mit dem Pferd zufrieden.“ Ich finde, man sollte so kaufen, dass man sich in jedem Fall an dem Pferd freut, und zwar so, wie es ist. Das Pferd muss Spaß machen und zu einem passen – man muss jeden Tag an ihm und dem Training Freude haben, nicht nur beim Turniererfolg.

Wir danken für das Gespräch!

Zur Person

Uta Gräf begann mit sieben Jahren mit dem Reiten. Mit zwölf Jahren kam das erste eigene Pferd, und mit 18 das Debüt in der Schweren Klasse. Mit 24 entschied sie sich, ihr Hobby zum Beruf zu machen. Im renommierten Dressurstall von Renate und Franz-Josef Dahmen in Aachen begann sie ihre Ausbildung zur Pferdewirtin mit dem Schwerpunkt Reiten und beendete diese mit Stensbeck-Auszeichnung und solcher Bravour, dass sie ein Stipendium der Bundesvereinigung der Berufsreiter (BBR) zugestanden bekam. Jenes absolvierte sie auf Gut Neuhof in Hessen bei der niederländischen Olympiamedaillengewinnerin Ellen Bontje und deren Trainer Conrad Schumacher und machte anschließend ihren Meister.
Die Meisterprüfung schloss Uta erneut mit der begehrten Stensbeck-Plakette ab und zog im gleichen Jahr gemeinsam mit ihrem langjährigen Lebensgefährten Stefan Schneider 1999 auf das Gut Rothenkircherhof in Kirchheimbolanden, wo sie seither Dressurpferde aller Leistungsklassen trainiert und auf Turnieren bis Grand Prix erfolgreich vorstellt. 2004 holte sie mit Duvalier Bronze auf der Deutschen Meisterschaft der Berufsdressurreiter.
Es folgten beachtliche nationale Erfolge auf dem Hannoveraner Hengst World Magic. Mit dem gekörten Holsteiner Hengst Le Noir feierte sie Grand Prix-Erfolge, unter anderem in Wiesbaden und beim CHIO in Aachen, und schaffte es auf die Longlist für Olympia. Sie ist Landestrainerin für die Reiterinnen

Foto: Reed Exhibitions Equitana Open Air, Scheytt