Stollen, Grip & Co.

Rutschfest im Winter

Die Wintermonate stellen eine besondere Herausforderung an den Hufschutz, wenn man auch bei Schnee und Eis oder gefrorenen Böden nicht auf das Ausreiten verzichten will. Was bietet der Markt an bewährten und neuen Produkten gegen Aufstollen, Ausgleiten und zum Schutz empfindlicher Hufsohlen?

Jeder kennt das lästige Aufstollen im Beschlag, das sich beim Reiten im Schnee schon nach kurzer Zeit entwickelt. Türmt sich der Schnee auf, verdichtet er sich durch den Druck des Pferdegewichts zu harten Klumpen. Sehnenzerrungen oder gar Knochenbrüche können die Folge sein, wenn die Pferde umknicken, stürzen oder auf geräumtem Asphalt oder Beton ausgleiten.
Ursache für die Bildung dieser Schneeklumpen ist nicht nur der größere Hohlraum, sondern auch eine Kältebrücke, die durch das Zusammenwirken von Hufwärme und Kälteschock des Hufeisens entsteht. Trennmittel wie Fett, Öl oder Skiwachs können die Schneeballung nur kurzfristig vermeiden. Eine mögliche Problemlösung sind Huf-Grips, deren flache Seite in einem Arbeitsgang mit dem Hufeisen aufgenagelt wird. Huf-Grips sind Einlagen zwischen Huf und Eisen, die aus Synthese-Kautschuk oder Polyurethan bestehen, elastisch und witterungsbeständig sind. Der schlauchartige Teil des Huf-Grips federt bei jedem Schritt mit und verhindert durch diese ständige Bewegung ein Ansetzen des Schnees.
Werden die Hufnägel beim Beschlagswechsel vorsichtig gezogen, halten die Huf-Grips häufig den ganzen Winter. Während es Huf-Grips früher nur in Beige oder Schwarz gab, sind die Einlagen heute in vielen verschiedenen Farben erhältlich, zum Beispiel der Huf Grip Luwex Snowtime Longlife, den es in Blau und jetzt auch in modischem Pink gibt. Er dämpft und schützt den Huf vor Schneeeinlagerungen. Laut Hersteller kann die Einlage bis zu vier Winter immer wieder eingebaut werden. Das spart Ressourcen. Der Huf-Grip Huf-Clean ist aus besonders stoßdämpfendem und haltbarem PU-Material, verhindert Schnee- und Schmutzaufstollung im Herbst und Winter und wird in Dunkelgrau, Natur, Flieder, Türkis, Blau und Orange angeboten. Die Standardgröße ist für vorne und hinten variabel zuschneidbar.
Auch einige Kunststoffbeschläge wie etwa der Equisport können mit einem Huf-Grip nachgerüstet werden, andere wie den Easywalker gibt es bereits vorgefertigt mit Huf-Grip. Durch das Material und die kleinere Öffnung der hinten geschlossenen Beschläge fallen die Schneeaufstollungen aber ohnehin geringer aus.

Platten und Polster für Beschlag und Barhuf

Wer Aufstollen verhindern will, kann auch vom Schmied eine Platte zwischen Huf und Eisen anbringen lassen. Moderne Materialien haben auch hier inzwischen die traditionellen Lederplatten verdrängt. Durch das bislang einzigartige Gelmaterial sollen etwa die Horse Trax Gelsohlen absolut stoßdämpfend und gelenkschonend sein. Die schwarzen Sohlen sind in den Größen S, M und L erhältlich.
Die Vaillant Kunststoffsohlen werden in verschiedenen Versionen angeboten: Der gelbe MV2 Dynamic Jump hat eine zweischichtige, relativ weiche Sohle, die besonders für Springpferde geeignet ist. Die orange Sohle MV2 Dynamic Enduro ist ebenfalls zweischichtig, aber hart und besonders für Pferde gedacht, die viel im Gelände gehen. Die pinke Sohle ist einschichtig und vielseitig verwendbar. Der vordere Teil bei Jump und Enduro ist dynamisch, während die farbigen Einsätze an den Trachten stoßdämpfend wirken. Da die Sohlen extra für den Gebrauch von MV2 Hufpolster entwickelt worden sind, haben alle Versionen vier Einfülllöcher für Polster, das zusätzlich eingespritzt werden kann. Ein Polster ist vor allem bei Pferden mit empfindlichen Hufsohlen zu empfehlen. Hufpolster bewahren zuverlässig vor Schneestollen und puffern Stöße auf harten oder gefrorenen Böden ab. Im Angebot sind auch Polstermaterialien, die ohne Platte eingesetzt werden können.
Das Luwex Hufpolster Air-Ride beispielsweise ist der erste Hufschaum weltweit. Er ist sowohl für Sportbeschläge als auch für orthopädische Hufbeschläge geeignet. Air-Ride hat eine hohe Klebekraft an der Sohle, härtet je nach Außentemperatur innerhalb von 15 bis 90 Sekunden aus, ist extrem leicht und soll trotzdem strapazierfähig sein. Das neueste Produkt aus der Luwex Hufpolster-Serie ist die Variante Premium Sport, ein leichtes Silikonpolster für sensible Hufe. Es fördert die Durchblutung im Huf und hilft dem Strahl dabei, sich zu kräftigen. Premium Sport zeichnet sich durch hohe Tragkraft aus, ist sehr strapazierfähig und hat eine Härte von 25 bis 30 Shore. Die Polstermasse wird mit der Hand gemischt und härtet bei Raumtemperatur in circa drei Minuten aus.
Auch die Firma Vettec bietet mit dem Equi-Pak Soft ein neues Hufpolster an, das zweimal weicher als das Original Equi-Pak sein soll. Es ist reißfest, unempfindlich gegen Schmutz und Feuchtigkeit und bleibt auch bei kalten Temperaturen weich. Das flüssige Urethan wird auf den Strahl und die Hornsohle aufgetragen und härtet ungefähr in 40 Sekunden aus. Es klebt direkt auf der Hornsohle und hält bis zu einer Beschlagsperiode.
Dieses neue Material unterstützt und schützt Pferde mit dünnen Sohlen oder flachen Hufen, absorbiert Schocks und Stöße. Equi-Pak Soft kann mit oder ohne Platte angewendet werden. Auch für den Barhuf hat Vettec ein Hufpolster im Sortiment: Sole-Guard ist das erste Produkt seiner Art, das dem unbeschlagenen Huf schnell und effektiv Schutz und Unterstützung bietet.
Die Sohlenfläche des Hufes wird mit Sole-Guard aufgefüllt und einen schützender Belag erstellt, der bis zu drei Wochen lang am Huf haftet. Es härtet stabil aus, aber behält genügend Flexibilität bei, um natürlich mit der Bewegung des Hufes mitzugehen. Vettec-Produkte werden in Kartuschen geliefert, für deren Anwendung zwingend ein Vettec Handgerät und Vettec Mischdüsen benötigt werden.

Spikes, Stollen & Co

Festgefahrener Schnee, glatte Straßen und vereiste Flächen bergen ein hohes Verletzungsrisiko durch Ausrutschen. Gerade auf dem sehr kalten Hufeisen gefriert der Schnee leicht und bildet dann eine dünne Eisschicht, die die Rutschgefahr verstärkt. Für den Gleitschutz am Eisenbeschlag gibt es verschiedenen Möglichkeiten. Widia-Spikes sind Hartmetallstifte ab vier Millimeter Länge, die eine konische Form haben und in ein eigens gebohrtes Loch in die Schenkelenden des Eisens eingeschlagen werden. Durch das Gewicht des Pferdes bohren sich die Stifte in die Eisoberfläche und verhindern das Rutschen.
Es gibt auch Hufnägel mit Widiaköpfen, die ebenso gegen das Rutschen auf Eis helfen. Diese kombinierten Hufnägel werden anstelle des letzten Nagels nachträglich in den Nagelfalz geschlagen, wenn die Wetterlage es erfordert. Zwar müssen für diese auch Eisnägel genannten Hufnägel keine extra Löcher gebohrt werden, nachteilig ist jedoch die Behinderung des Hufmechanismus, wenn die Nägel hinter der weitesten Stelle des Hufes eingebracht werden. Außerdem: Da das Eisen sich schneller abläuft als das Hartmetall, werden mit der Zeit die Nägel vermehrt belastet und die Stöße direkt ins Hufinnere gelenkt. Das ist schädlich für die Gelenke. Sowohl auf Schnee als auch auf eisigem Untergrund haben sich Stollen bewährt. Weil sie länger als Spikes oder Eisnägel sind, geben sie auch im tiefen Schnee genügend Halt. Stollen gibt es in verschiedenen Formen und Längen. Schweißstollen werden vom Hufschmied in das Eisen fest eingeschweißt, Steckstollen in eine vorher am Hufeisen angebrachte Bohrung eingeschlagen. Schlagstollen sind meist vergleichsweise kürzer und abgerundet. Durch eine Riffelung im Bereich des Schaftes sitzen auch diese Stollen meist sehr fest am Eisen und gehen kaum verloren.
Innovativ sind Stollen zum Klicken und Schieben, die seit einigen Jahren auf dem Markt sind. Die Klickstollen werden über einen Adapter im Stollenloch festgeklickt, Haltestollen auf die mitgelieferte Klammer gesteckt und einfach auf das Ende des Hufeisenschenkels geschoben. Von fest verschweißten oder eingeschlagenen Stollen raten Hufexperten aber wegen der dauerhaft veränderten Hufstellung und der damit verbundenen Belastung für Gelenke, Sehnen und Bänder ab. In der Gruppenhaltung besteht außerdem ein erhöhtes Unfallrisiko beim Ausschlagen und bei manchen Pferden kann es beim Liegen zu sogenannten Stollbeulen am Ellenbogen kommen. Am gängigsten sind Schraubstollen, die nur bei Bedarf eingesetzt werden. Hierzu werden jeweils zwei Stollen mithilfe eines speziellen Schlüssels in Eisen mit Gewinden ein- und ausgeschraubt.

Für besonders hohe Trittsicherheit im Winter sorgen Stollen mit integrierten Widiastiften wie zum Beispiel die Universalstollen mit Hartmetallstift von Herman Drehtechnik, die es in zwei Formen und vier verschiedenen Gewindegrößen gibt. Die antimikrobielle Legierung der Stollen garantiert Keim-, Pilz- und Schimmelfreiheit. Alle Pferdestollen sind mit einem selbstreinigenden Gewinde ausgestattet, sodass beim Eindrehen zeitgleich eine Reinigung des Gewindes stattfindet. Hermann Premium Pferdestollen sind zu 100 Prozent rostfrei, säure- und seewasserbeständig sowie bleifrei und nachhaltig recycelbar. Durch die hochfesten Materialien soll eine deutlich längere Haltbarkeit und Nutzungsdauer als bei herkömmlichen Pferdestollen erreicht werden. Das konstruktiv perfekt angepasste, hochpräzise Gewinde verringert zudem die Verlustrate der Stollen.
Schonung für empfindliche Pferdebeine versprechen die Stollen der Firma Geke-Equitec mit integrierten Tellerfedern. Dies wurde mittels hochdynamischer Schlagprüfung in einem Hopkinson-Druck-Aufbau durch die Nordmetall GmbH nachgewiesen. Dabei ergab sich eine bis zu 30 Prozent geringere Belastung auf den Huf, je nach Geschwindigkeit des Aufschlags.

Kunststoffbeschläge und Hufschuhe winterfest machen

Auf Eis oder einer festen Schneedecke benötigen auch Kunststoffbeschläge und Hufschuhe einen Gleitschutz. Hierzu eignen sich spezielle Stollen oder Spikes, die beim Kunststoffbeschlag mittels eines Spezial-Adapters eingeschraubt werden. Für Hufschuhe sind Stollen ab etwa vier Millimeter Höhe erhältlich, die sich bei verschiedenen Modellen bewährt haben. Hierzu werden circa zehn Millimeter starke Löcher in den Hufschuh gebohrt. Dann werden die Gewinde von innen nach außen eingesetzt und von außen die Stollen gegengeschraubt.
Das Gewinde sollte möglichst tief in den Hufschuh versenkt werden, um punktuellen Druck auf das Sohlenhorn zu vermeiden. Bei empfindlichen Hufsohlen helfen zusätzliche Einlagen. Es sollten stets vier Stollen angebracht werden, je zwei im Zehen- und Trachtenbereich. Werden nur zwei Stollen im Trachtenbereich eingesetzt, kann es beim Abfußen zu einem unangenehmen Rutschen im Zehenbereich kommen. Wer überwiegend auf asphaltierten Wegen reitet, sollte den Einsatz von Stollenschuhen aber gut überlegen, denn auf Asphalt können die Stollen nicht im Boden versinken und die Schläge, die beim Auffußen entstehen, werden vom Huf nur schlecht absorbiert. Im Schnee hingegen versinken die Stollen und die Hauptlast verteilt sich auf die Hufschuhsohle.
Eine Alternative dazu sind Schraubspikes. Sie werden mithilfe eines speziellen Montageaufsatzes für den Akkuschrauber in die Schuhsohle hineingeschraubt. Der Halt dieser Spikes im Kunststoff ist geringer als der von Stollen, der einfache Einbau machen sie aber benutzerfreundlich. Außerdem entfallen unangenehmer Druck auf die Hufsohle sowie schädliche Belastung, weil die Spikes nur etwa zwei Millimeter aus der Sohle herausragen. Empfohlen wird, mindestens vier bis zwölf Spikes je Hufschuh zu montieren, um optimalen Halt zu gewährleisten. Wichtig: Die Spikes sind mit verschiedenen Eindringtiefen in den Hufschuh erhältlich.
Wenn man keine neuen Hufschuhe verwendet, muss vor dem Einsetzen der Spikes unbedingt die Sohlenstärke des Hufschuhs ermittelt werden, damit sie nicht durch die Sohle drücken. Die Firma Easycare bietet für ihre Hufschuhmodelle Quick Studs genannte Spikes mit einer Standard-Eindringtiefe von 7,9 und 5,8 Millimeter für dünnere Sohlen an.
Weil nach drei- bis viermaligem Ein- und Ausschrauben die Gewinde der Spikes nicht mehr richtig greifen, wird generell geraten, so ausgerüstete Hufschuhe zu belassen und nur im Winter zu nutzen. So gibt es den Hufschuh Renegade bereits ab Werk mit zwölf festmontierten sogenannten Ice Studs, die nicht entfernt werden können.

Text und Foto: Dr. Birgit van Damsen