Mehr als nur süß und lecker: Honig

Honig ist nicht nur als süßer Brotaufstrich beliebt, sondern auch als vielseitiges Heilmittel.  

Äußerlich angewandt wird das flüssige Gold in der Wundversorgung sehr geschätzt.  

Lesen Sie, was Honig so wertvoll macht und warum er nicht nur auf den Frühstückstisch, sondern auch in jede Stallapotheke gehört.  

Akazien-, Blüten,- oder Fenchelhonig, die Auswahl ist groß und je nach Geschmack wird Honig als köstlicher Brotaufstrich, natürliche Süße im Tee oder zur Linderung von Halsschmerzen und Husten geschätzt. Dass Honig aber auch äußerlich wunderbar wirkt, ist weniger bekannt, obwohl Honig schon im Altertum zur Wundbehandlung genutzt wurde. Die älteste bekannte Schrift mit Bezug zum Honig ist eine Tontafel der Sumerer aus der Zeit 2100 bis 2000 v. Chr. Auf dieser Tafel finden sich Rezepte für Medikamente und Salben. Heute ist die antibakterielle Wirkung des Honigs aktueller denn je. „Wir sind auch in der Veterinärmedizin mit Keimen konfrontiert, die gegen viele gängige Antibiotika resistent sind“, erklärt Dr. Ina Gösmeier. Die Folge: gefährliche Infektionen. Doch Studien belegen, dass die Inhaltsstoffe des Honigs sogar gegen multiresistente Keime (MRSA) wirken.  

„Die Behandlung solcher Wunden mit Honig erzielt hervorragende Erfolge, da die Bakterien den Inhaltsstoffen von Propolis und Honig unterlegen sind“, erklärt Kerstin Hübner. Die Tierheilpraktikerin und Apitherapeutin (Apitherapie: medizinische Verwendung von Bienenprodukten) schätzt die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten von Honig und anderen Produkten aus dem Bienenstock. „Honig ist ein natürliches, vielseitiges und vor allem effektives Heilmittel.“ 

Süßer Bakterienkiller

Augenscheinlich ist Honig vor allem eins – süß! Honig besteht etwa zu 80 % aus Zucker und zu 20 % aus Wasser. „Zunächst wurde auch der hohe Zuckergehalt für die keimtötenden Eigenschaften des Honigs verantwortlich gemacht“, weiß Ina Gösmeier. Die hochkonzentrierte Zuckerlösung entzieht den Bakterien zwar das Wasser und hemmt damit deren Vermehrung, doch Versuche mit entsprechend hohen Zuckerlösungen zeigten, dass die antiseptische Wirkung des Honigs nicht darauf zurückzuführen ist.  

Manuka-Honig

Wer auf der Suche nach einem medizinisch wirksamen Honig ist, wird auf Manuka-Honig stoßen. Diesem Honig wird besondere Heilkraft nachgesagt, mit der sich Apitherapeutin Kerstin Hübner eingehend beschäftigt hat. Sie erklärt: „Die Maori nutzen den Honig seit Jahrhunderten als traditionelles Heilmittel gegen Entzündungen, Infektionen und Erkältungskrankheiten.“ 

„Die antibakterielle Wirkung des Manuka-Honigs ist um das Hundertfache höher als die antibakterielle Wirkung von normalem Honig,” so Kerstin Hübner, Apitherapeutin. 

Manuka-Honig stammt aus Neuseeland. Es handelt sich dabei um eine Honigsorte, die aus dem Blütennektar des Manuka, auch bekannt als Südseemyrte, gewonnen wird. Nachweislich hat Manuka-Honig eine mehrfach höhere antibakterielle und antimykotische Wirkung als andere Honigsorten. Für diesen Effekt wird nach derzeitigem Wissen das enthaltene Wasserstoffperoxid, ein hochwirksames Antiseptikum, verantwortlich gemacht. 

Dieses entsteht durch einen chemischen Prozess: Bienen versetzen ihren Honig mit dem Enzym Glucose-Oxidase. Es sorgt dafür, dass im Honig enthaltener Zucker in Wasserstoffperoxid umgewandelt wird. Glucose-Oxidase ist Bestandteil körpereigener Sekrete, die die Bienen dem Nektar schon beim Transport von der Blüte zum Stock zufügen. Das gebildete Wasserstoffperoxid wird in Verbindung mit der Konservierung des Honigs im Bienenstock gesehen. 

Ein Detail ist besonders interessant: Die Glucose-Oxidase im Honig arbeitet langsam und produziert dabei kontinuierlich geringe Mengen Wasserstoffperoxid. Durch diese kontinuierliche Einwirkung reichen die geringen produzierten Mengen zwar zur Abtötung von Bakterien, schädigen aber nicht die umliegenden Gewebezellen. Letzteres ist nämlich ein Problem beim Einsatz von Wasserstoffperoxid aus der Apotheke. Die benötigten wirksamen Mengen sind so groß, dass diese nicht nur Bakterien abtöten, sondern auch die umliegenden Hautzellen schädigen.  

Als weiterer wesentlicher Grund für die antibakterielle Wirkung des Manuka-Honigs wurde an der Technischen Universität Dresden der Gehalt an Methylglyoxal (MGO) identifiziert. Die Wissenschaftler fanden heraus, dass handelsübliche Honige Methylglyoxal­-Gehalte von maximal 1-2 mg/kg aufwiesen, Manuka-Honige dagegen Gehalte von 300 bis 700 mg/kg! Sie konnten zudem in Versuchen nachweisen, dass die gemessenen Gehalte an Methylglyoxal unmittelbar für die antibakterielle Wirkung verantwortlich sind.  

So gewann Manuka-Honig durch seine besonders gute antibakterielle und entzündungshemmende Wirkung in der Humanmedizin immer mehr Bedeutung in der Wundbehandlung.  

Medizinischer Honig

Der für medizinische Zwecke eingesetzte Honig wird vor der Anwendung mit Hilfe von Gammastrahlen sterilisiert. Im Gegensatz zur thermischen Sterilisation werden dabei die an der Heilwirkung maßgeblich beteiligten Enzyme nicht zerstört. So entsteht ein Medizinprodukt mit Zulassung für die Wundbehandlung.  

Jedoch wird nicht nur sterilisierter Manuka-Honig zur Behandlung von Schnitt-, Schürf- und Operationswunden eingesetzt. Auch der normale, nicht sterilisierte Manuka-Honig findet immer häufiger Anwendung. „Erstaunlicherweise hat sich bereits Manuka-Honig mit MGO 100+ als ausreichend wirksam für die Wundheilung erwiesen“, berichtet Kerstin Hübner. 

Die Wirksamkeit des Honigs bei der Wundheilung beruht auf drei Eigenschaften:  

1. Reinigung 

2. Schutz 

3. Heilung 

Zur Behandlung oberflächlicher Wunden wird der Honig direkt auf den gesäuberten Bereich aufgetragen. Der hohe Zuckergehalt bewirkt die Bildung von reinigendem Wundsekret, indem er auf das darunterliegende Gewebe osmotischen Zug ausübt. Außerdem hält die dickflüssige Masse neue Bakterien vom Eindringen ab. „Die Feuchtigkeit ist auch bei Wunden von Vorteil, die durch einen Verband abgedeckt werden können“, erklärt Kerstin Hübner, „denn Honig sorgt für ein feuchtes Wundklima, was das Anhaften von Verbänden verhindert. Das ist für die Tiere angenehmer und beim Verbandswechsel reißt frisch gebildete Haut nicht wieder ab.“  Während der hohe Zuckergehalt die Wunde sauber und feucht hält, wirken weitere Inhaltsstoffe gegen Entzündungen und lassen das Wundareal abschwellen. „Gleichzeitig werden Schlackestoffe abtransportiert und die Heilung angekurbelt“, nennt die Therapeutin weitere Pluspunkte. 

Pferde müssen oft im Stall unter nicht sterilen Bedingungen behandelt werden. Damit steigt das Infektionsrisiko. Hinzu kommt, dass eine Ruhigstellung an manchen Körperstellen, wie zum Beispiel dem Knie, schwierig ist, was die Wundheilung zusätzlich beeinträchtigt. Eine signifikante Beschleunigung der Heilung ist darum von erheblichem Vorteil. „Honig fördert das Wachstum von Fibroblasten, wodurch die Wunde gleichmäßiger heilt und es zu weniger Narbenbildung kommt“, sagt Dr. Gösmeier, gibt aber zu bedenken, dass bei alten Wunden mit Narbengewebe auch Manuka den Prozess nicht mehr rückgängig machen kann. Seine Stärke, so die Veterinärin, liegt in der Behandlung frischer Verletzungen sowie in der unterstützenden Pflege von Operationswunden. Auf frisch vernähte Wunden aufgetragen, unterstützt Manuka die rasche und nachhaltige Heilung.  

Wunden heilen unter Honig schneller und problemloser ab, die Neubildung von Epithelzellen wird nicht gestört und nekrotisches Gewebe besser abgebaut. Die Tierärztin verwendet Honig gerne an Körperstellen, die keinen Wundverschluss zulassen oder nur langsam heilen und empfiehlt ihn auch als Must-Have in der Stallapotheke. 

Text: Sabine Heüveldop