Wissen für Pferdehalter: Versicherung, Recht & Haftung

Im Hinblick auf die Pferdehaltung ergeben sich zahlreiche Fragen in Sachen Versicherung, Recht und Haftung. Welche Versicherungen sind notwendig oder für bestimmte Risikofaktoren sinnvoll? Wer haftet mit welcher Versicherung im Schadenfall? 

Pferde stellen laut dem Bürgerlichen Gesetzbuch ein Gefährdungsrisiko dar. „Grundsätzlich unterliegt jeder Tierhalter der Tierhalterhaftung gemäß §833 BGB. Richtet ein Pferd einen Schaden an, ist derjenige, der das Pferd hält, verpflichtet, für die Kosten aufzukommen. Deshalb sollte jeder Pferdehalter unbedingt eine Tierhalter-haftpflichtversicherung abschließen“, rät Cathrin Bak, Expertin für Pferde- und Betriebshaftpflichtversicherungen bei den Uelzener Versicherungen. „In vielen Pensionsställen ist eine gültige Tierhalterhaftpflichtversicherung Voraussetzung, um einen Einstellplatz zu bekommen. Auch für Teilnahmen an Wettbewerben oder Wanderritten ist sie meist obligatorisch.“ Eine Haftpflichtversicherung für das Pferd ist zwar bislang gesetzlich nicht vorgeschrieben, aber in vielen Leistungsfällen existenzsichernd, sodass sie ein absolutes Muss darstellt. Diese Versicherung deckt Schadensersatzforderungen Dritter bei verursachten Schäden durch das Pferd ab.  

Jedem Pferdehalter muss klar sein, dass ohne eine solche Versicherung der finanzielle Ruin droht, wenn hohe Personen-, Sach- oder Vermögensschäden entstehen. 

Auf ausreichende Deckungssumme achten

„Pferde können Schäden verursachen, die schnell in die Millionenhöhe gehen, etwa wenn ein Pferd aus der Weide ausbricht und einen Verkehrsunfall mit Personenschäden verursacht“, gibt Cathrin Bak zu bedenken. Entscheidend bei einer Tierhalterhaft-pflichtversicherung ist deshalb die Versicherungssumme. „Es gibt viele Varianten, aber empfehlenswert ist eine Deckungssumme in Höhe von 15 Mio. Euro pauschal bei Personen-, Sach- und Vermögensschäden, um vor hohen Kosten geschützt zu sein“.  

Wichtig ist außerdem, dass nicht nur der Halter, sondern auch Fremd- und Gastreiter sowie Gefälligkeitsleistungen in der Tierhalterhaftpflicht eingeschlossen sind, betont Bak. So ist zu beachten, dass „eine ständige Reitbeteiligung Haltereigenschaften erwirbt, bei Unfällen aber nicht zwingend über die Haftpflicht des Pferdehalters abgesichert ist. Bei den Uelzener Versicherungen ist eine Reitbeteiligung kostenlos mitversichert und erhält bei namentlicher Nennung ein eigenes Versicherungszertifikat.“ 

Auch Iris Müller-Klein, Fachanwältin für Medizinrecht, hebt die Notwendigkeit einer Tierhalterhaftpflichtversicherung mit ausreichender Deckung hervor. „Der Pferdehalter haftet immer für alle Schäden, die sein Tier anrichtet, und zwar mit seinem gesamten Vermögen und Einkommen und unabhängig davon, ob ein eigenes Verschulden vorliegt oder nicht“, verdeutlicht die Rechtsanwältin. „Gerade bei Kollisionen von Pferden mit Fahrzeugen nach Weideausbrüchen kommt es häufig zu schweren Personenschäden. Bei einer Querschnittslähmung als Unfallfolge etwa drohen dann lebenslange Rentenzahlungen.“ 

Da es um den Schutz der Allgemeinheit geht, stellt die Rechtsprechung hohe Anforderungen an die Weideeinfriedung, die zu den Verkehrssicherungspflichten gehört. So wird zum Beispiel verlangt, das Koppeltor mit einem Schloss zu sichern. „Es kommt immer wieder vor, dass angetrunkene Menschen Weidetore öffnen, ohne über die möglichen Folgen nachzudenken“, weiß Müller-Klein. „Davor muss man sich als Pferdehalter mit einem abgeschlossenen Weidetor schützen“. 

Weideausbrüche können tödlich enden

Als Grundlage bezüglich der erforderlichen Zaunhöhe, Pfostenabstände sowie Anzahl und Abstände der Querverbindungen einer möglichst ausbruchsicheren Außenabgrenzung dienen die vom Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz herausgegebenen „Leitlinien zur Beurteilung von Pferdehaltungen unter Tierschutzgesichtspunkten“. Diese Leitlinien sind zwar nicht rechtsverbindlich, werden von den Gerichten aber zur Urteilsfindung herangezogen. Da sie auch andere wichtige Anforderungen für eine artgerechte Pferdehaltung vorgeben, sind sie Pflichtlektüre für jeden, der Pferde hält oder einstellt (im Internet kostenlos herunterzuladen unter: https://www.bmel.de/). 

Welche dramatischen Folgen ein Weideausbruch haben kann, zeigt folgendes Fallbeispiel: „Eine Pferdehalterin ließ ihre beiden Pferde – ein Großpferd und ein Pony – auf einer Weide grasen, die lediglich mit 1m hohen, mobilen Steckpfählen und einer Litze eingefriedet war. Als die Grünfläche abgegrast war, brachen die Pferde aus und liefen nachts auf die nahe gelegene Autobahn. Dort kollidierten sie mit einem Pritschen-wagen, dessen Fahrer noch an der Unfallstelle verstarb, genauso wie die beiden Pferde“, schildert die Rechtsanwältin den Hergang. „Da der Familienvater mit Frau und Kleinkind Alleinverdiener war, die Pferdehalterin aber nur mit 250.000 Euro versichert, folgte bald die Privatinsolvenz. Wegen der völlig unzureichenden Einfriedung, noch dazu in einer verkehrsnahen Risikozone, drohte der Pferdehalterin obendrein eine Anklage wegen fahrlässiger Tötung.“ 

Aber welche Versicherung greift, wenn ein Minderjähriger den Ausbruch verursacht hat? Klassischer Fall: Ein Kind bringt abends sein Pony in den Stall und verriegelt die Stalltür nicht richtig. „Büxen nun nachts alle im Stall befindlichen Ponys aus und richten Schäden an, ist nicht die Privathaftpflicht der Eltern für die Schadensregulierung zuständig, sondern die Tierhalterhaftpflicht – auch wenn das eigene Pony möglicherweise an dem Unfall selber gar nicht beteiligt war“, stellt Iris Müller-Klein Keine Zeugen, kein Schadensersatzklar. 

Keine Zeugen, kein Schadensersatz

„Wird ein Pferd durch ein anderes etwa durch Tritte, Bisse oder Verjagen verletzt, tritt die Tierhalterhaftpflicht nur ein, wenn der Vorfall beobachtet wurde und das ver-ursachende Pferd eindeutig ausgemacht werden konnte“, erklärt Müller-Klein. „Ist das nicht der Fall, besteht auch kein Anspruch auf Schadensersatz.“ Heißt im Klartext: Wer sein Pferd gemeinsam mit anderen Pferden unbeaufsichtigt auf die Weide oder den Auslauf stellt, nimmt ein Verletzungsrisiko durch pferdetypisches Verhalten in Kauf und bleibt im Schadensfall meist auf seinen Tierarztkosten sitzen.  

Ausnahme: Das Platzangebot auf dem Auslauf eines Pensionsstalls ist gemessen an der Anzahl der Pferde zu gering, sodass rangniedere Pferde kaum Ausweichmöglichkeiten haben und es zwangsläufig zu Auseinandersetzungen kommen muss. Hier geben die o.g. Leitlinien klare Vorschriften bezüglich der Mindestabmessungen für Gruppenausläufe vor. Werden diese deutlich unterschritten, haftet im Schadensfall meist der Stallbetreiber allein. „Allerdings ist eine Mithaftung mit einem Abzug von 50 Prozent möglich, wenn der Pferdebesitzer nachweislich Kenntnis von diesem Missstand hatte“, sagt Müller-Klein. 

Wenn sich Pferde untereinander verletzen, kann das auch an einer fehlenden Eingewöhnungsphase von Neuzugängen liegen. Laut Leitlinien ist ein Pensionsstallbetreiber verpflichtet, neu hinzukommende Pferde schrittweise in die bestehende Gruppe zu integrieren. „Behauptet der Stallbetreiber aber, dass die Eingliederung in Abwesenheit des Pferdebesitzers stattgefunden habe, kann man ihm eine Pflichtverletzung in der Regel nicht nachweisen“, so die Fachanwältin. Auch Verletzungen an den Einstellpferden durch das Stallpersonal, für das der Stallbetreiber haftet, können oft nicht nachgewiesen werden, wenn es keine Zeugen gibt, berichtet Müller-Klein.  

„Es sei denn, ein vom Gericht bestellter Sachverständiger kann zum Beispiel eine Wunde durch einen Mistforkenstich aufgrund ihrer runden Form eindeutig als solche identifizieren.“ Anders verhält es sich, wenn sich ein Einstellpferd beispielsweise an einem Nagel in der Box oder an der Einfriedung verletzt. „In diesem Fall trifft den
Stallbetreiber in der Regel die volle Haftung, weil die Verletzungsquelle üblicherweise gut mit dem Auge zu erkennen ist“, so die Rechtsexpertin. 

Schäden an Einstellpferden meist nicht versichert

In der Regel haftet der Pensionsstallbetreiber für die Unversehrtheit der eingestellten Pferde. „Geschieht ein Unfall, muss er nachweisen, dass er seine Obhutspflichten durch regelmäßige Kontrollgänge und Wartungsmaßnahmen nicht verletzt hat. Das betrifft sowohl Gefahrenquellen im Stall und auf dem Hofgelände als auch Einfriedungen von Ausläufen und Weiden“, erläutert Iris Müller-Klein. Auch das Futter darf grundsätzlich nicht gesundheitsgefährdend sein. Erkranken oder sterben Einstellpferde etwa an verdorbener Silage oder Giftpflanzen im Heu, hat der Stallbetreiber den Beweis zu erbringen, dass der Schaden nicht durch sein Futter verursacht wurde. Kann er sich nicht entlasten, kann er also für Schäden an den Einstellpferden haftbar gemacht werden. 

Cathrin Bak rät Pensionsstallbetreibern deshalb unbedingt zum Abschluss einer Betriebshaftpflichtversicherung, die bei Schadensersatzforderungen Dritter eintritt.  

Was genau mit einer Betriebshaftpflicht abgedeckt wird, ist abhängig von der Betriebsgröße und dem Versicherungsumfang, der exakt auf den tatsächlichen Betriebsbedarf abgestimmt sein sollte.  

Die Grunddeckung umfasst Schäden aus dem Betreiben der Gebäude und Flächen (z.B. Personenschäden durch mangelhafte oder fehlerhafte Betriebsführung) und kann um vielerlei Risiken wie die Pensionspferdehaltung erweitert werden.  

„Häufig herrscht der Irrglaube, dass auch Schäden an den eingebrachten Pferden durch die Betriebshaftpflicht automatisch abgedeckt seien. Dem ist nicht so“, stellt Iris Müller-Klein richtig. „Das kann nur eine Obhutschadensversicherung leisten, ein frei versicher-barer Zusatz im Rahmen der Betriebshaftpflicht, und die haben 99 Prozent der Stallbetreiber nicht abgeschlossen“.  

Allerdings ist die Versicherungssumme mit maximal 50.000 Euro pro Pferd gedeckelt und reicht meist nicht für den Wertersatz bei Wertminderung oder Totalverlust eines hochpreisigen Einstellpferdes, betont die Rechtsanwältin.  

Ihr Rat: Einsteller sollten mit dem Stallbetreiber eine individuelle Vereinbarung über die Haftungs-Höchstsumme treffen. „Bei einer Deckungssumme von beispielsweise 10.000 Euro ergibt sich ein jährlicher Versicherungsbeitrag von rund 40 Euro pro Pferd. Ein verschmerzbarer Betrag, der beide Vertragsparteien im Schadenfall entlastet“. 

Behandlungsfehler nicht immer nachweisbar

Tierärzte, Hufschmiede und andere Therapeuten haften bei Schäden an Pferden infolge einer fehlerhaften Behandlung grundsätzlich mit ihrer eigenen Berufshaftpflichtversicherung. „Bei Tierärzten dient die verpflichtende TherapieDokumentation als Grundlage zur Beweisführung. Ein unabhängiges Sachverständigen-Gutachten klärt dann, ob die durchgeführte Behandlung korrekt war oder nicht“, erklärt die Fach-anwältin. „Auch Hufschmiede haften in der Regel für jedes Vernageln, es sei denn, das betreffende Pferd hatte eine abnormale Hufform.“ Eine indirekte Vernagelung, die meist zeitverzögert zu Beschwerden führt, ist dagegen nicht immer zu beweisen. Hier sollten die Pferdebesitzer sofort tätig werden, sobald sie eine diesbezügliche Lahmheit bemerken.  

Noch schwieriger sind Schäden durch Alternativtherapien wie zum Beispiel Chiropraktik nachzuweisen. „Nur wenn das Pferd direkt nach der Behandlung deutliche körperliche Einschränkungen zeigt, ist ein Nachweis fehlerhaften Vorgehens im Einzelfall möglich“, sagt Müller-Klein. 

Da Rechtsstreitigkeiten mit erheblichen Kosten verbunden sein können, rät die Anwältin zu einer Rechtsschutzversicherung. „Für private Pferdehalter reicht der übliche Rechtsschutz, Unternehmer wie Pensionsstallbetreiber können ihr Risiko dann versichern, wenn sie eine Landwirtschaft betreiben. So sind alle juristischen Auseinandersetzungen im Zusammenhang mit dem Betrieb abgedeckt.“ Achtung: Die Versicherungs-gesellschaften setzen eine Wartezeit von meist drei Monaten fest, damit ausgeschlossen werden kann, dass vor Vertragsabschluss bereits ein juristisches Problem bestand. Deshalb sollte man diese Versicherung rechtzeitig vor dem Pferdekauf oder Betriebsbeginn abschließen. 

Individuelle Risiken absichern

Bei Haftpflichtversicherungen ist es wichtig, dass alle individuell möglichen Risiken abgedeckt sind. Für Pferdebesitzer, die ihr Pferd in einem Pensionsstall eingestellt haben, gilt es beispielsweise zu beachten, „dass Schäden an gemieteten, gepachteten oder geliehenen Sachen nicht grundsätzlich vom Versicherungsschutz abgedeckt sind.  

Dies sollte aber unbedingt der Fall sein“, unterstreicht Cathrin Bak. Denn diese Mietsachschäden treten ein, wenn das Einstellpferd etwa das Stallinventar demoliert, können aber bei der Schadensregulierung mit einer Selbstbeteiligung verbunden sein. „Für Pensionsstallbetreiber ist es zudem sinnvoll, vor dem Verlust von Gegenständen im Stall geschützt zu sein“, empfiehlt die Versicherungsexpertin. „Bei den Uelzener Versicherungen ist das sogenannte ‚Abhandenkommen von Sachen‘ in der Betriebshaftpflicht mitversichert. Hinter diesem Fachterminus versteckt sich der Diebstahl, aber auch das Verlieren von fremdem Eigentum wie Sätteln und Trensen von Einstellern“. 

Neben den unabdingbaren Versicherungen werden noch verschiedene Vorsorge Versicherungen für Pferde angeboten. Sie können helfen, das finanzielle Risiko zu mindern. So kann es zum Beispiel sinnvoll sein, „eine OP- oder Kranken-Versicherung abzuschließen. Sie schützen vor hohen Kosten, die beispielsweise entstehen können, wenn das eigene Pferd an einer Kolik erkrankt und eine teure Operation notwendig wird“, erläutert Bak.  

„Die OP-Versicherung übernimmt je nach Tarif die Kosten für chirurgische Eingriffe unter Narkose, bei der Uelzener übrigens sowohl Voll- als auch Standnarkose. Auch die Nachbehandlung ist je nach Tarif für einen Zeitraum von bis zu zehn Tagen in den Versicherungsleistungen enthalten. In einer Pferde-Krankenversicherung sind zusätzlich alle ambulanten und stationären konservativen sowie chirurgischen Eingriffe abgedeckt“.  

Grundsätzlich sollten vor dem Abschluss einer jeden Versicherung die Vertragsbedingungen sorgfältig durchgelesen und auf Haftungsausschlüsse überprüft werden, damit es im Schadensfall kein böses Erwachen gibt. Bei der Auswahl der Gesellschaften und Tarife sollte neben dem Leistungsumfang auch auf die Schadensregulierung der Versicherer geachtet werden. Eine kompetente, möglichst unabhängige Fachberatung hilft, ein individuell passendes Versicherungspaket zu schnüren und deckt etwaige Versicherungslücken, aber auch unnötige Überschneidungen auf.  

Außerdem wichtig: Das regelmäßige Abgleichen bereits bestehender Verträge mit dem Status quo. So müssen etwa bei der Obhutschadensversicherung Ab- und Neuzugänge von Einstellpferden dem Versicherer zeitnah gemeldet werden, um im Schadensfall über einen ausreichenden Versicherungsschutz zu verfügen. 

Text und Foto: Dr. Birgit van Damsen