Haut & Haar

Wahre Schönheit kommt (nicht nur) von innen

Das glänzende, seidig-glatte Fell eines fitten und leistungsstarken Pferdes ist der Stolz jedes Pferdebesitzers, denn es stellt nicht zuletzt ihm oder ihr ein gutes Zeugnis aus: Hier kommen gute Pflege, bedarfsdeckende Fütterung, pferdegerechte Haltung und angemessenes Training zusammen! Der Zustand von Haut und Fell sagt oft viel über den Allgemeinzustand des Pferdes aus, über seine Gesundheit, aber auch über sein Wohlbefinden. Warum? Was sollten Pferdefreunde über die Aufgaben von Haut und Haar wissen und auch darüber, wie sie hier unterstützen können? PFERDE fit & vital erklärt es!

Weil die Haut das größte und bezogen auf das Gewicht das drittschwerste Organ unserer Pferde ist und weil sie über zahlreiche Funktionen mit dem gesamten Organismus interagiert, mithin dessen Zustand spiegelt.

Ein Organ, viele Aufgaben
Die Haut und ihre Anhangsorgane (dazu gehören etwa Fell und Hufe) erfüllen eine Reihe lebenswichtiger Funktionen. Die Pferdehaut ist zuständig für

• die Umhüllung des Körpers und damit auch für den Schutz vor mechanischen Einflüssen, Krankheitserregern oder schädlicher Strahlung,
• den Empfang und die Weiterleitung von Sinneseindrücken wie Berührung, Wärme oder Kälte,

• die Thermoregulation, also die Steuerung der Körperinnentemperatur abgekoppelt von der Außentemperatur,

• die Regulierung des Wasser- und Elektrolythaushalts, sie ist

• zudem Stammzellreservoir für adulte Stammzellen und

• verantwortlich für die Bildung von Vitamin D unter Einwirkung von Sonnenlicht.


In sehr geringem Umfang ist sie zudem beteiligt an der Atmung: Bis in ihre mittlere Schicht hinein, die Lederhaut (auch Corium), kann sie durch Diffusion mit atmosphärischem Sauerstoff versorgt werden.
Zudem wird sie oft als Ausscheidungsorgan bezeichnet, was so nicht ganz richtig ist. Über die Haut bzw. deren Strukturen werden zwar auch Stoffwechselendprodukte ausgeschieden, etwa Wasser, das über den Schweiß abgegeben wird. Ebenfalls nach außen abgegeben wird Talg. Diese Vorgänge fallen allerdings nicht unter „Ausscheidung“ im eigentlichen Sinne (wie etwa die Abgabe von Kot oder Urin oder die Ausatmung), sondern werden als Sekretion bezeichnet. Die Vorstellung, Stoffwechselendprodukte oder „Gifte“ im weitesten Sinne würden in signifikanten Mengen (auch) über die Haut aus dem Körper eliminiert, ist deshalb nicht korrekt.

Aufbau der Pferdehaut
Sie ist durchschnittlich etwa 3,8 mm dick, an Nacken und Rücken etwa 6 mm und setzt sich aus drei Schichten mit unterschiedlichen Funktionen zusammen: der Ober-, Leder- und Unterhaut.

Die Oberhaut oder Epidermis
Die Epidermis bildet die oberste Schicht der Haut und besteht aus insgesamt fünf Untereinheiten. Ihre Oberfläche besteht aus verhornten Zellen (Epidermiszellen), die im Stratum basale der Oberhaut als Epithelzellen gebildet werden. Sie wandern nach außen und verhornen dabei mehr und mehr. Wird diese Epithel bildende Schicht verletzt, verheilt die Wunde mit Narbenbildung. Zudem sind in der Epidermis Immunzellen, Sinneszellen sowie Melanozyten zu finden. Letztere dienen der Pigmentierung und damit dem Schutz vor UV-Licht. Im Bereich der Oberhaut und auf der Hautoberfläche lebt eine Reihe nützlicher Mikroorganismen in einem perfekten Gleichgewicht. Wird es gestört, können schädliche Bakterien und Pilze haften, sich vermehren und Krankheiten hervorrufen.
Die Oberhaut ist von einem Schutzfilm bedeckt, der von Talgdrüsen und Hautzellen gebildet wird. Auch dieser schützt vor Krankheitserregern. Der pH-Wert liegt bei 4,8 bis 6,8.


Die Lederhaut oder Dermis, auch Corium
Unter der Oberhaut folgt als nächste Schicht die aus Bindegewebe bestehende Lederhaut. In ihr sind die Haarfollikel zu finden, aus denen jeweils ein Haar entsteht, sowie Schweiß- und Talgdrüsen, Nerven, Blutgefäße und auch Melanozyten. Bis zu 100 Schweißdrüsen pro cm² sorgen für den Wärmeaustausch des Körpers und in geringem Ausmaß für den Abtransport von Stoffwechselprodukten – vor allem eben Wasser. Die Versorgung der Haarfollikel und Drüsen erfolgt durch Blutgefäße.

Die Unterhaut oder Subcutis
Die Unterhaut bildet die unterste und dickste Schicht der Haut und besteht in erster Linie aus Fettzellen, aber auch Muskeln, Bindegewebe, Nerven und Blutgefäßen.

Fell und Haare
Das Fell des Pferdes setzt sich aus Deckhaar und Unterhaar (Wollhaar) zusammen. Schweif, Mähne und Kötenbehang zählen zum sogenannten Langhaar. Zudem gibt es Tasthaare am Maul und um die Augen, Vibrissen genannt. Das Fell dient als Schutz vor Kälte und Nässe, aber auch vor Verletzungen.Der Haarstrich, also die Wuchsrichtung der Oberhaare sowie die Haarwirbel leiten Regenwasser ab. Für den Winter wachsen zusätzlich weiche Unterhaare, die zusammen mit dem Oberhaar vor Kälte schützen und besonders im aufgestellten Zustand eine perfekte Isolierschicht bilden. Dieses Aufrichten ermöglichen Muskeln, mit denen die Haare über die Haarfollikel verbunden sind. Jedes Haar setzt sich aus einem Haarfollikel, das die Wurzel umgibt, und dem Haarschaft zusammen. Die äußere Schicht des Haarschafts bilden mehrere Schichten verhornter Zellen, die glatt übereinander liegen. Werden diese Schichten durch mechanische Einflüsse von außen oder Störungen von innen aufgeraut, erscheint das Fell stumpf. Für Glanz, vor allem aber für zusätzlichen Schutz sorgt zudem das Sekret der Talgdrüsen.

Haut- & Fellpflege von innen
Damit Haut und Fell ihre Aufgaben wahrnehmen können, müssen sie gesund sein und das bedeutet: Das Pferd muss gesund sein und sich wohl fühlen. Das geht nur mit pferdegerechter Haltung und einer bedarfsgerechten, qualitativ hochwertigen Fütterung, die insbesondere ausreichend Raufutter beinhaltet. Gutes, staubfreies Heu bildet die Basis für die gesamte Pferdefütterung. Dazu kommt als Ergänzung ein Zusatzfutter, das alle nötigen Vitamine, Mengen- und Spurenelemente sowie fallweise auch Aminosäuren enthält. Die konzentrierte Zuführung bestimmter Wirkstoffe sollte allerdings nur auf Grundlage einer Blutuntersuchung erfolgen, um eine Überdosierung auszuschließen. Tierärzte und/oder unabhängige Futtermittelberater leisten wertvolle Hilfe bei der Zusammenstellung einer bedarfsgerechten Kraftfutterration. So werden Stoffwechselstörungen und Übergewicht vermieden, die sich nicht zuletzt auch negativ auf Fell und Haut auswirken.

Ein Wort zur Fellpflege
In der freien Natur kommen Pferde problemlos ohne unser Putzen aus, jeglicher Einsatz als Reit- oder Fahrpferd allerdings macht tägliche, sorgfältige Fellpflege zur Notwendigkeit. Als Teil ihres Komfortverhaltens haben Pferde zwei Formen von Fellpflege in ihrem Verhaltensrepertoire angelegt: die soziale und die solitäre Fellpflege. Dazu gehören etwa Wälzen und anschließendes Schütteln, gelegentliches Scheuern (solitäre Fellpflege) sowie gegenseitiges Beknabbern und Belecken (soziale Fellpflege), wobei dies zusätzlich wichtig für den Sozialkontakt ist.
Eine dicke Schmutzschicht nach dem Wälzen hält Insekten fern, ist allerdings nicht erwünscht und sogar schädlich, wenn wir reiten wollen. Also muss der Pferdebesitzer mehr tun: Durch Bürsten und Striegeln werden Schmutz, getrockneter Schweiß sowie Haarschuppen und ausgefallene Haare entfernt. Zudem wird die Durchblutung der Haut angeregt und der Fettstaub sorgfältig über das gesamte Haarkleid verteilt, damit er seine Aufgabe als Regenschutz erfüllen kann. Gründliches Putzen erfüllt aber noch weitere Zwecke: Verletzungen und Verspannungen machen sich bemerkbar, und der Kontakt zwischen Pferd und Reiter vertieft sich. Bei Stallhaltung muss täglich geputzt werden, wobei jedes Pferd sein eigenes Putzzeug haben sollte, um die Übertragung von Pilzen und anderen Keimen zu vermeiden. In Robusthaltung dagegen sollte mit Augenmaß geputzt werden: Die schützende Talgschicht muss erhalten bleiben – also keinen Pferdestaubsauger einsetzen und nur selten, wenn überhaupt, mit Waschlotionen waschen. Bloßes Abschwammen mit reinem Wasser dagegen ist unkritisch.

Text: Ramona Billing, Foto: Angelika Schmelzer