Der Chiropraktik-Profi im Gespräch

Fit & vital mit Dr. Wolfgang Mayrhofer – Fachtierarzt für Pferde

Lösungen für orthopädische Probleme zu finden und Spitzensportler fit zu machen bzw. zu halten – das ist das Gebiet von Dr. Wolfgang Mayrhofer. Der sympathische Fachtierarzt für Pferde mit dem unverkennbar österreichischen Akzent hat eine Praxis in Frankfurt und ist Dozent an der International Academy of Veterinary Chiropractic (IAVC). Begehrt ist er insbesondere für seine ganz speziellen chiropraktischen Fähigkeiten, für die er weit über das Rhein-Main-Gebiet hinaus nicht nur in die großen Turnierställe ganz unterschiedlicher Disziplinen, sondern auch in den Freizeitbereich gerufen wird.

Herr Dr. Mayrhofer, bei Ihrer Arbeit spielt die Chiropraktik eine ganz wesentliche Rolle. Das, was Sie tun, ist aber mehr als nur Chiropraktik…
Dr. Wolfgang Mayrhofer: Tatsächlich handelt es sich dabei genau genommen um eine Mischform aus Chiropraktik und Faszientherapie, die im Laufe der Jahre zu dem geworden ist, was sie heute ist. Bis auf extrem seltene Fälle mache ich nie nur das eine oder das andere, sondern immer beides. Und das hat sich hervorragend in der Behandlung von Weichteilproblemen bewährt.

Wo hakt es denn bei Ihren vierbeinigen Patienten hauptsächlich?
Dr. Wolfgang Mayrhofer: Sehr, sehr oft liegt das Hauptproblem im Schultergürtel. Das hängt mit dem anatomischen Aufbau und der Biomechanik der Vierbeiner zusammen. Die Vorhand trägt beim Pferd den größeren Teil des Gewichts, da der Körperschwerpunkt hinter der Schulter liegt, während die Hinterhand schiebt. Allein der Kopf ist eines der schwersten Körperteile und zudem ständig in Bewegung. Dieser Umstand verstärkt sich noch, wenn das Reitergewicht hinzukommt. Genau darum ist die Versammlung so wichtig, und das betrifft jede Reitweise und jede Disziplin. Denn nur durch das Versammeln bringen wir die Hinterbeine dazu, mehr unter den Schwerpunkt zu treten und damit vermehrt Last zu übernehmen.
Ein weiterer Punkt ist, dass unsere Pferde nicht wie in der freien Natur einfach nur geradeaus laufen. Sie müssen Bahnfiguren oder Traversalen gehen, Sprünge bewältigen und enge Wendungen vollziehen. Auch das erhöht die Belastung und kann zu Problemen führen, die sich nicht nur an einer Stelle äußern. So trifft es nicht zuletzt oft die Sehne als schwächstes Glied, ausgehend von einer Überlastung der den Schultergürtel bildenden Muskeln und Faszien. Der Tierarzt/Therapeut muss die Zusammenhänge erkennen und entsprechend dagegen angehen.

Welche Empfehlung geben Sie Reitern und Pferdehaltern, um die Gesundheit ihrer Pferde zu erhalten?
Dr. Wolfgang Mayrhofer: Zunächst sollte man sich das Pferd mit all seinen Stärken und Schwächen genau anschauen und Management und Training individuell darauf abstimmen. Wir gehen gern vom idealen Pferd mit idealem Gebäude und Leistungsvermögen aus. Doch die sind in der Praxis die Ausnahme. Also müssen wir die Voraussetzungen schaffen, dass unsere Pferde trotzdem gesund und fit bleiben. Das fängt beim wirklich passenden Beschlag bzw. der Hufbearbeitung an und geht über die Ernährung bis hin zur Überprüfung der eigenen reiterlichen Fähigkeiten.
Wie viel und welches Training braucht das Pferd wirklich? Vor allem kann ich nicht genug betonen, wie wichtig es ist, das Pferd über den Rücken zu reiten! Das ist die absolute Grundlage jedes Reitens – ob Dressur, Springen, Western oder reines Freizeitpferd. Das Zusammenspiel zwischen Rücken und Bauch ist unerlässlich für die Gesunderhaltung des Pferdes. Dabei spielen natürlich der Körperbau und die Oberlinie eine entscheidende Rolle. Dem einen Pferd fällt es leichter, über den Rücken zu gehen, dem anderen fällt es schwerer. Trotzdem muss man ständig daran arbeiten, und zwar von klein auf. Zusätzlich muss man die richtige Mischung aus Belastung und Ruhe finden.
Nicht zuletzt sind die Beinstellung und die Zehenachse weitere entscheidende Faktoren. Nicht korrigierte Fehlstellungen schlagen sich negativ an anderer Stelle nieder – bis hinauf in den Rücken. Umgekehrt schadet ein nicht über den Rücken gehen und zu wenig ausgeprägte Bauchmuskulatur letztendlich wieder den Gliedmaßen.

Was heißt das praktisch?
Dr. Wolfgang Mayrhofer: Die Gesunderhaltung Ihres Pferdes – ob Freizeit oder Turnier – bedeutet Teamarbeit. Suchen Sie gute und erfahrene Partner (Trainer/Ausbilder, Hufbearbeiter/Schmied, Tierarzt/Chiropraktiker) und stellen Sie gemeinsam mit diesem Team einen Plan für Ihr Pferd auf. Investieren Sie in Ihre eigene Reitausbildung und damit indirekt in die Gesundheit Ihres Pferdes.
Zudem empfehle ich, die Pferde regelmäßig chiropraktisch checken und Blockaden lösen zu lassen. Insbesondere beim Aufbau und bei der Regeneration ist hier engmaschiges Arbeiten notwendig – so wird das ja auch bei menschlichen Sportlern mit großem Erfolg praktiziert.
Das betrifft keinesfalls nur Turnierpferde – auch reine Freizeitpferde sollten etwa drei- bis viermal im Jahr entsprechend behandelt werden.

Text: Ramona Billing, Foto: Dr. Wolfgang Mayrhofer