Impfungen im Turniersport

Impfungen sind ein wichtiges Hilfsmittel zur Bekämpfung gefährlicher Infektionserkrankungen, ein unerlässliches Werkzeug des Tierarztes, Pflicht für jeden sachkundigen und fürsorglichen Pferdehalter.  

Wer mit seinem Pferd an Veranstaltungen teilnimmt, an Zuchtschauen oder Turnieren, unterwirft sich damit dem Reglement des Veranstalters und das schreibt zwingend bestimmte Impfungen vor, durchzuführen nach einem vorgegebenen Schema. Außerhalb dieser Regulierung kann der Pferdefreund im Grunde selbst entscheiden – doch ganz frei ist kein Reiter, Fahrer oder Züchter in seinem Entschluss, denn die Frage, ob Impfungen durchgeführt werden oder nicht, kann zumindest im Einzelfall auch als tierschutzrelevant angesehen werden. 

Was sind Impfungen?

Impfungen werden auch als Schutzimpfungen bezeichnet, und damit ist schon fast alles gesagt: Impfungen sollen einen Organismus vor ansteckenden Erkrankungen schützen. Mit einer Impfung wird das Immunsystem gegen einen ganz bestimmten Stoff aktiviert, auf eine Infektion mit diesem Stoff vorbereitet. Nach den Anfängen vor etwa 300 Jahren wurden nach und nach immer mehr Impfstoffe gegen akute virale und bakterielle Infektionen entwickelt, bis heute wird intensiv an neuen Impfungen geforscht, auch im Zusammenhang mit der Krebsbekämpfung.  

Eine Impfung im engeren Sinne wird auch als „aktive Immunisierung“ bezeichnet. Der Patient erhält einen Impfstoff, der abgetötete oder abgeschwächte Erreger oder nur Bruchstücke von Infektionserregern enthält. Im Körper des Patienten wird eine Reaktion ausgelöst: Das Immunsystem antwortet mit einer Aktivierung, auch ohne dass der Organismus selbst erkrankt. Dieses Ereignis wird nun im Gedächtnis des Immunsystems gespeichert. Bei einem Kontakt mit den „richtigen“ Erregern ist es nun in der Lage, sehr schnell und sehr umfassend zu reagieren und die Infektion abzuwehren. Der Organismus erkrankt nicht oder allenfalls in sehr abgeschwächter Form.  

Eine passive Immunisierung ist keine Impfung im eigentlichen Sinne. Hier werden dem Patienten als Notfallmaßnahme Antikörper gegen bestimmte, gefährliche Erreger injiziert, mit denen er (vermutlich) im Kontakt war.  

Pro und Contra Impfungen

Impfbefürworter und Impfgegner vertreten sehr gegensätzliche Positionen, zahlenmäßig aber sind die Impfbefürworter in der Mehrheit und die Anzahl der Impfgegner geht stetig zurück, auch wenn ihre oft rege Tätigkeit in den digitalen Netzwerken einen anderen Eindruck vermitteln mag. 

Die ablehnende Haltung von Impfgegnern gründet vor allem auf 

• einer angenommenen Überforderung des geimpften Organismus durch Impfungen, 

• einer Unterschätzung des Risikos, an der jeweiligen Infektion zu erkranken bzw. einer Unterschätzung des mit einer solchen Erkrankung verbundenen Risikos, 

• Befürchtungen, der Impfstoff könne selbst Gesundheitsstörungen verursachen, 

• Misstrauen infolge der wirtschaftlichen Interessen der Pharmaindustrie und/oder der Tierärzteschaft, 

• religiösen oder pseudoreligiösen Überzeugungen oder auf der Grundlage  

einer Verschwörungstheorie, die insgesamt zu einer Negierung der zahlreichen wissenschaftlichen Beweise für Wirksamkeit und Notwendigkeit von Impfungen führt. 

Und das sind die Fakten:

• Es gibt einen engen Zusammenhang zwischen der Häufigkeit, mit der bestimmte Infektionserkrankungen auftreten und der Einführung flächendeckender Impfungen, im humanmedizinischen Bereich ebenso wie im veterinärmedizinischen. Regelmäßig weisen die Statistiken einen starken Rückgang bis völligen Einbruch der Erkrankungszahlen nach der Einführung von Impfprogrammen aus. Impfungen sind wirksam. 

• Je größer der Grad der Durchimpfung, desto geringer die Gefahr auch für nicht geimpfte Pferde, an einer Infektion zu erkranken, da die Zahl der Keimträger, die zur Quelle einer Infektion werden können, damit sinkt und der Keim mit der Zeit quasi isoliert wird: Er findet nicht mehr genügend Organismen, in denen er sich vermehren und überleben kann. Impfungen sind notwendig. 

• Geimpft wird nicht gegen harmlose Erkrankungen, sondern gegen solche, die zu einer tödlichen Gefahr für das Pferd werden können, erhebliches Leid beim erkrankten Tier verursachen und oft genug gravierende wirtschaftliche Schäden verursachen. Die Impfung gegen Tetanus etwa ist ein Muss, da nicht geimpfte Pferde infolge jeder banalen Verletzung erkranken können und dann oft jede Hilfe zu spät kommt, da eine ursächliche Therapie dieser Erkrankung kaum möglich ist.  

Impfungen sind Tierschutz.

• Natürlich verdienen Tierärzte und Pharmaindustrie (auch) an Impfungen – warum auch nicht? Ohne Gewinn würde die aufwändige Forschung an neuen Impfstoffen, das finanziell belastende Zulassungsverfahren für jeden Impfstoff unterbleiben und kaum ein Tierarzt wäre wohl bereit, tagtäglich Impfungen ohne jeden Verdienst durchzuführen. Impfungen kosten, ebenso wie jede andere Form von Gesundheitsvorsorge und Therapie. Das mindert aber ihre Wirksamkeit nicht und spricht nicht gegen ihre Notwendigkeit. Impfungen sind ein Kostenfaktor in der Pferdehaltung wie jeder andere auch. 

• Eine Impfung ist ohne Frage auch ein gewisser Eingriff und für das Pferd mit Folgen verbunden. Die Auseinandersetzung mit den in einem Impfstoff verbundenen Fremdkörpern ist aber weitaus weniger fordernd für den Pferdeorganismus als oft angenommen wird. Das Pferd ist gut für den Kontakt mit Fremdstoffen gerüstet, die es schließlich auch beständig einatmet, frisst oder etwa auf der Haut beherbergt. Eine Impfung überfordert den Pferdeorganismus im Normalfall nicht. 

• Jeder Tierarzt wird wohl bestätigen, dass es im Einzelfall zu Problemen kommen kann, die in einem kausalen Zusammenhang zu einer erfolgten Impfung stehen. Es sind dies vor allem harmlose lokale Reaktionen direkt an der Injektionsstelle. Anderen angenommenen Gesundheitsstörungen oder vermuteten, aber bislang unbewiesenen Gefahren, die von den Adjuvantien ausgehen könnten, stehen die belegbaren und leider oft genug auch sichtbaren Folgen fehlenden Impfschutzes entgegen – mit gravierenden, im Einzelfall auch tödlichen Folgen für das Pferd. Bei der Abwägung pro und contra Impfung darf das Wohl des Pferdes nicht aus den Augen verloren werden. 

Impfungen im Pferdesport

Die gängige Impfpraxis orientiert sich an den Empfehlungen der Ständigen Impfkommission Veterinärmedizin (StIKo Vet). 

Im Pferdesport spielen eine Rolle  

• der Tetanusschutz, absolut unerlässlich für jedes Pferd. Ohne diesen Schutz kann jede noch so banale Verletzung selbst bei sachkundiger Wundversorgung zum Ausgangspunkt einer Tetanusinfektion werden – und ist das Pferd einmal erkrankt, kommt oft jede Hilfe zu spät. 

• Impfungen gegen die Pferdegrippe, ausgelöst durch ein Influenzavirus, und gegen die Equinen Herpesvirusinfektionen (EHV1-EHV4). Beide Impfungen schützen zuverlässig vor Infektionen, die ohne die deutschlandweit gute Impfpraxis wohl immer noch verheerende Auswirkungen hätten. Zwar ist vor allem die Pferdeinfluenza heute seltener zu beobachten, das liegt aber vor allem daran, dass inzwischen sehr viele Pferde – auch durch entsprechende Regelungen für Turnierpferde – geschützt sind und somit nicht nur selbst nicht erkranken, sondern den Erreger auch nicht weitergeben können. 

Die Impfungen gegen Tetanus-, Influenza- und Herpesvirusinfektionen rechnet man zu den Core-Impfungen, die „Pflicht“ aus Sicht der Ständigen Impfkommission Veterinärmedizin.  

Andere Schmutzmaßnahmen werden als Non-Core-Komponenten beispielsweise für besonders gefährdete Pferde empfohlen.  

Zu den Non-Core Impfungen gehört 

• der Schutz gegen Druse, die mit unschöner Regelmäßigkeit regional oder auf einzelne Bestände beschränkt ausbricht, dann einen Großteil des Bestandes erfasst und nur mit erheblichem Aufwand eingedämmt werden kann. 

• der Impfschutz gegen Pilzinfektionen, die zwar vergleichsweise harmlos verlaufen, aber ausgesprochen lästig und unschön sind und sich gerne mal dauerhaft in einem Bestand ausbreiten. 

• für viele Pferdefreunde immer noch die Tollwutimpfung, obwohl diese tödliche Virusinfektion in Deutschland seit 2008 als ausgerottet gilt. Hierzulande kommt die Tollwut nur noch bei Fledermäusen vor, wobei der Erreger sich von dem der klassischen Tollwut unterscheidet. Deshalb ist die Tollwutimpfung bei Pferden zumindest aktuell stark in den Hintergrund gerückt.  

• seltener auch Impfungen gegen Equine Rotavirus-Infektionen, Equine Virale Arteritis, West-Nil-Virus-Infektionen und die Lyme-Borreliose. 

Jede Impfung fordert den Pferdefreund auf, sich aktiv für das Wohl des eigenen Pferdes wie auch der anderen Tiere des Bestandes einzusetzen. Ein vernünftiger, sich am Stand der aktuellen Wissenschaft orientierender Umgang mit diesem Thema ist gelebter Tierschutz. 

Text und Foto: Angelika Schmelzer