Modernes Entwurmungsmanagement

Wider den Wurm

Wo Pferde sind, da sind auch Würmer – und denen muss Einhalt geboten werden, damit sie keine gesundheitlichen Probleme verursachen. So weit, so einfach. Wie dies aber nachhaltig und effektiv gelingt, dazu hat es in den letzten Jahren neue Erkenntnisse und Erfahrungen gegeben, aus denen ganz klar folgt: Es muss umgedacht werden.  

Das hat vor allem damit zu tun, dass zu lange zu unreflektiert mit den vermeintlich harmlosen Wurmkuren umgegangen wurde. Damit nämlich hat man genau das Gegenteil dessen erreicht, was das Ziel einer Entwurmung ist: Anstatt den Würmern kategorisch Einhalt zu gebieten, hat man ihnen ein Schlupfloch geöffnet. Dieses Schlupfloch heißt „Resistenz“. 

Das Problem zunehmender Resistenzen betrifft nämlich nicht etwa nur Antibiotika im Bereich der Humanmedizin, es ist inzwischen weithin verbreitet und wird auch im Zusammenhang mit anderen Wirkstoffgruppen, anderen Anwendungsgebieten beobachtet. In der Pferdehaltung wird zunehmend zum Problem, dass Entwurmungsmittel ihre Wirksamkeit gegenüber vielen Parasiten immer mehr einbüßen.  

Entwurmung ohne Überlegung

Einen Grund dafür sehen Fachleute vor allem in der jahrzehntelang praktizierten strategischen Entwurmung, also der Routine, alle Pferde eines Bestandes gleichzeitig regelmäßig, meist viermal jährlich, von ihrer Wurmbürde zu befreien. Meist wurde und wird weder durch die Untersuchung einer Kotprobe vorab geprüft, ob ein behandlungsbedürftiger Wurmbefall überhaupt vorliegt noch im Nachgang der Erfolg einer verabreichten Wurmkur durch eine erneute Kontrolle bestätigt. Fachleute schätzen in diesem Zusammenhang, dass nur 30 % aller so entwurmten Pferde tatsächlich einer Behandlung bedurft hätten. 

In Summe wird also schlicht zu häufig und oft ohne Prüfung der Notwendigkeit entwurmt. Paradoxerweise führt nun gerade dieses Zuviel nicht etwa zu einer konsequenten Beherrschung der Endoparasiten, sondern zu deren unkontrollierter Ausbreitung. 

Resistenzen auf dem Vormarsch

Denn damit verschafft der Pferdehalter unbewusst den resistenten Würmern einen Wettbewerbsvorteil und ermöglicht es ihnen, sich auszubreiten und allmählich die Oberhand zu gewinnen. Setzt man nämlich als gegeben voraus, dass ein gewisser Anteil der Gesamtpopulation an Endoparasiten immer bereits resistent ist, dann muss dem Pferdehalter daran gelegen sein, dass diese Untergruppe im Verhältnis zur Population empfindlicher (nicht resistenter) Würmer dauerhaft möglichst klein ist.  

Resistenz muss die Ausnahme bleiben und darf nicht zum Regelfall werden. Räumt man den resistenten Würmern nun aber durch häufiges Entwurmen auch von Pferden, deren Wurmbürde denkbar gering ist, sämtliche Konkurrenz aus dem Weg, so wird der relative Anteil resistenter und deshalb überlebender Würmer an der Gesamtpopulation mit jeder neuen Wurmkur größer.  

Nach neuesten Erkenntnissen scheint es darum sinnvoll,  

einen schwachen, gesundheitlich gänzlich unbedenklichen Wurmbefall einzelner (gesunder) Pferde in Kauf zu nehmen,  

entsprechend nur dann zu entwurmen, wenn die Wurmbürde nachweislich so groß ist, dass sie potentiell gesundheitsgefährdend wird, und zudem  

den Erfolg einer verabreichten Wurmkur zu überprüfen, vor allem auch, um der Ausbreitung resistenter Würmer in einem Pferdebestand so rechtzeitig auf die Spur zu kommen.  

Das geht natürlich nur, wenn der Pferdehalter immer eine recht genaue Vorstellung davon hat, was sich an Untermietern im Darm seiner Pferde gerade tummelt, und dazu braucht es konsequent durchgeführte Kontrollen. Ohne regelmäßige Kotanalysen wäre ein solches Vorgehen fahrlässig. 

Moderne Entwurmung

Fachleute haben für diese Herangehensweise mehrere Ansätze entwickelt. Kern ist ein Wurm-Monitoring, das vor allem zum Ziel hat, behandlungsbedürftige Wurmbürden klar zu erkennen und somit eine gezielte Entwurmung von stark belasteten Pferden, die selbst gefährdet sind, aber auch als massive Ausscheider den gesamten Bestand gefährden, vornehmen zu können. Entwurmt wird im Regelfall dann vor allem bei Überschreiten eines Grenzwerts, denn: Ein geringgradiger Befall mit den meisten gängigen Endoparasiten ist für Pferde unerheblich und nicht mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen verbunden.  

Mit dieser Herangehensweise verabschiedet sich der Pferdehalter auch von der im Grunde unsinnigen quasi prophylaktischen Verabreichung einer Wurmkur und nähert sich wieder der eigentlichen Bestimmung eines Medikaments an: Es wird therapeutisch angewendet, also dann, wenn ein nachgewiesener Bedarf besteht. 

Schema 1

Die früher übliche strategische Entwurmung (alle Pferde, viermal jährlich) wird so abgewandelt, dass eine Mischform entsteht: 

Alle erwachsenen Pferde ab fünf Jahren werden regelmäßig entwurmt, und zwar zweimal jährlich. Empfohlen wird diese strategische Entwurmung vor allem für die Monate Juni/Juli und Oktober/November. 

Hinzu kommen im Bedarfsfall weitere selektive Entwurmungen. Dazu werden die Pferde des Bestandes (einzeln oder mit einer Sammelprobe) beprobt und deren Wurmbürde durch eine Eiauszählung abgeschätzt.  

Wird bezüglich Strongyliden ein festgelegter Grenzwert überschritten (die Empfehlung liegt bei 200 EpG, Eier pro Gramm) bzw. wird ein Wurmbefall mit anderen Parasiten festgestellt, so kann das betreffende Pferd einer zusätzlichen Entwurmung unterzogen werden. Werden Bandwürmer festgestellt, wird immer der gesamte Bestand behandelt. 

Schema 2

Hier wird grundsätzlich nur im Zusammenhang mit einer Kotprobe entwurmt, es gibt bei ausgewachsenen Pferden keine strategische Entwurmung mehr. Dazu findet ein routinemäßiges Monitoring statt, auf das hin dann fallweise behandelt wird – eine selektive Entwurmung. Im Nachgang wird der Behandlungserfolg immer durch eine weitere Kotprobe überprüft. 

Zunächst werden alle erwachsenen Pferde beprobt und starke Ausscheider (mehr als 200 EpG bei Strongyliden) bzw. alle positiv getesteten Pferde (andere Parasiten) behandelt, wobei anschließend immer eine weitere Analyse den Behandlungserfolg dokumentiert und ggf. Anlass für eine Nachbehandlung wird. 

Die Abstände der Probenentnahme werden von etwa alle zwei Monate im ersten Jahr auf etwa alle drei Monate ausgedehnt, entwurmt werden konsequent nur Pferde, für die ein positiver Befund erhoben wird. 

Schema für Fohlen und Jungpferde

Alle Experten sind sich einig, dass heranwachsende Pferde häufiger entwurmt werden müssen und eine rein selektive Entwurmung bei ihnen mit einem zu hohen Risiko verbunden wäre. Allerdings raten sie ebenso übereinstimmend dazu, vor Entwurmungsterminen vermehrt Kotproben analysieren zu lassen und auch den Behandlungserfolg häufiger zu überprüfen. 

Text: Angelika Schmelzer, Foto: Christiane Slawik